11. Mai 2013
Vor dem Wortwerfer liegt ein in dunkelgrünen, samtartigen
Stoff edel eingebundenes „Kinderbuch für Erwachsene“ von Naomi Susan Isaacs,
goldbedruckt. Es heißt „Postkarte aus
Bali“ – warum es so heißt, weiß ich noch nicht. Es hat sicher Unsummen
gekostet, ein solches „kost“bar ausgestattetes Buch herzustellen. Es soll so
was um 99,99 € kosten (ISBN 978-3-944424-00-2). Ich habe es geschenkt bekommen.
Inmitten des Covers ist eine Illustration (von Samar Ertsey) zu sehen – ein
Busch, der eine Art Laube oder den Eingang zu einer Höhle umschließt. Ich
vermute, dort soll der Leser hindurch schlüpfen in eine märchenhafte Welt. Ich
bin aber noch nicht hindurch geschlüpft. Ich sinne nur nach über die Chance
bibliophiler Bücher heute … welches Schicksal wird ihnen wohl einst beschieden
sein? Später vielleicht mehr zum Buch.
Nicht so aufwändig ausgestattet ist „Das Vorlesebuch für Demenzkranke“ von mir und meiner Kollegin
Ingrid Schumacher. Wir haben dort 45 kurze Geschichten aus unserer Kindheit
zusammen gestellt; denn wir waren jung, als die heute an Demenz leidenden
Patienten jung waren. Ingrid hat vorgestern solchen Patienten daraus die
Begebenheit „Der Krieg ist zuende!“
vorgelesen – und hat damit spontan viele Erinnerungen in den blockierten
Gehirnen wach rufen können. Jede und jeder wusste sofort etwas zu erzählen, wie
er diesen Tag am 8. Mai 1945 oder das Kriegsende insgesamt erlebt hatte. Ja –
da ist noch viel Lebendiges in diesen sonst so still vor sich hin dämmernden
Menschen. Dann beginnen sie zu singen „Vor
der Kaserne, vor dem großen Tor, steht eine Laterne …“ – mehrere Strophen!
Ist das nicht phantastisch?
Auch bei anderen Geschichten über „Erste Liebe“, den ersten
Kuss, den ersten Liebesbrief oder Topfschlagen beginnen die Augen zu funkeln,
die Mundwinkel zucken. Männer beginnen „Ich habe das Fräulein Helen baden seh’n
…“
Das Buch kostet 14,90 € (bei Shaker-Media 52018 Aachen, PF
101818). Direkt beim Verlag zu beziehen, über den Buchhandel oder Amazon. Damit
können alle, die ihre Lieben zu Hause betreuen, aber auch im Heim diesen
Menschen Augenblicke des Glücks zurück
zaubern.
Gestern hat jemand angefragt, ob sich der Wortwerfer von Sœren
Kierkegaard hat inspirieren lassen. Zuviel der Ehre! Ich bat um Aufklärung.
Soll was mit dem Geworfensein ins Sein zu tun haben. Ja, ich bin ins Sein
geworfen worden … hoppla, liebe Mama seligen Angedenkens, das ist die Diktion
von Existentialisten, nicht meine Wortwerferei! Ausgerechnet vor dem Muttertag!
Morgen ist Muttertag, nicht vergessen! Übrigens – das mit den Herzen beruht auf
dem größten Irrtum der
Menschheitsgeschichte. Verrate ich morgen. Adieu!
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