Dienstag, 15. April 2014

220 Prozent erfolgreicher?




Heute wirft der WORTWERFER einiges weg. Unter „aufräumen“ steht im Synonym-Lexikon u.a. „Ordnung schaffen“, „wegräumen“, „ausmisten“, „beseitigen“, „Schluss machen“, „aus der Welt schaffen“, „ein Ende setzen“.
Nun – irgendwann wird mir, wahrscheinlich in gar nicht so langer Zeit, ein „Ende gesetzt“ sein, weshalb ich seit Monaten mit dem Rückbau meines 45-Quadratmeter-Arbeitszimmers und vor allem der noch immer vollgepackten Regale beschäftigt bin. Das ist keine beglückende Tätigkeit, weshalb ich mich zwingen muss, jede Woche mindestens drei Aktenordner zu vernichten. Die rund 350 Fach- und Sachbücher werden wohl meine Erben in einen Container werfen. Was sie mit den fünf laufenden Metern Manuskripte machen werden? Wahrscheinlich auch „weg damit!“ „Zum Verschwinden bringen“ steht im Synonym-Lexikon.
Jeder, der ans Aufräumen oder Ausmisten geht, kennt die Grundregel: Ja nicht noch mal hineinschauen! Augen zu und weg! Ich habe dagegen versündigt.
Ich besitze drei Ordner mit den besten Vortrags-Manuskripten aus mehr als 20 Management-Symposien von Persönlichkeiten mit berühmten Namen, von Unternehmern, Top-Managern, Bundeskanzlern, Ministerpräsidenten, Futurologen, Philosophen, Psychologen, Bestseller-Autoren aus dem In- und Ausland. Frauen und Männern. Es sind Erinnerungen an meine Zeit als Moderator dieser Kongresse – eine phantastische Zeit. Vielen Dank denen, die mir damals ihr Vertrauen geschenkt haben.
Was macht diese Texte so wertvoll? Sind sie nicht Vergangenheit? Retro? Dies eben genau nicht! Sie wiesen damals in die Zukunft und tun es heute zum großen Teil noch. Der WORTWERFER wird in seinen nächsten Blogs einige daraus wieder erwecken.
HEUTE beginne ich mit ein paar Zitaten auch einem Vortrag von Dr. Rolf Berth, dem Gründer und Leiter der Akademie Schloss Garath, einer Denkfabrik für unternehmerisches Handeln. Sein Thema 1998: „Unternehmensführung in Zeiten dramatischen Wertewandelns – Wie Sie ihr Unternehmen visionär ins 3. Jahrtausend führen“.
Großspurig? Keineswegs! Schon vor mehr als 15 Jahren, vor den erschütternden Feststellungen des Gallup-Institutes über die innere Einstellung der Mitarbeiter zu ihrem Arbeitgeber, projizierte uns Berth Zahlen an die riesige Leinwand hinter mir, dass Unternehmen, in denen die Menschenführung von „wertschätzender Achtung sich ergänzender Fähigkeiten“ und „Sinnvermittlung“ bestimmt wird, um rund 220 Prozent erfolgreicher sind, als solche, in denen nach Prinzipien verfahren wird wie „Härte“, „Disziplin“, „Misstrauen“, „Humorlosigkeit“, „Abstand halten“ u.v.a..
Um zweihundertzwanzig Prozent erfolgreicher! Denen Unternehmen in der empirischen Ermittlung gegenüberstanden, die mit „Am Bewährten in Treue festhalten“ um 220 Prozent schlechter abschnitten. Die Frage stellte sich auch damals: Wie ermittelt man das? Am Rendite-Vergleich? Am Umsatz? Ich weiß es nicht mehr.
Eine Folie weiter erfolgte der „Hammer“. Die Institute, die die Zahler ermittelt hatten, fragten auch die Manager, für wie wichtig und bedeutend sie selbst die Erfolgsfaktoren einschätzten. Dabei stellte sich genau das reziproke Ergebnis heraus: „wertschätzende Achtung sich ergänzender Fähigkeiten“ und „Sinnvermittlung“ wurden als unwichtigste Führungsfaktoren empfunden, nämlich nur von zwei bezw. fünf Prozent der befragten Manager genannt.
Diese Erkenntnisse sind, wie bereits gesagt, über 15 Jahre alt. Sie sind selbst dann, wenn man Zahlen misstraut, so eklatant, dass man sie eigentlich nicht ignorieren dürfte. Aber nach den neuesten Gallup-Zahlen geschieht genau dies, und seit Jahren mit dem gleichen erschütternden Ergebnis: Im Durchschnitt aller beteiligten Unternehmen haben 16 Prozent der Mitarbeiter nicht nur innerlich gekündigt; sie sprechen auch draußen schlecht darüber und über die Produkte. Fast 70 Prozent machen mehr oder minder „Dienst nach Vorschrift“, tun das, was man von ihnen verlangt, aber nicht mehr. Und nur 14 Prozent sind hoch motiviert, engagiert, haben Freude an ihrer Arbeit und sind stolz auf ihr Unternehmen.
Dies sind nicht Stimmungs-Faktoren – es sind Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren, die sich in Euro und Dollar niederschlagen. Insbesondere aber auch in Anzahl und Wert der gewinnbringenden Innovationen, die aus einem Unternehmen hervor gehen.
WARUM? fragt der WORTWERFER. WARUM immer wieder diese enttäuschenden Zahlen, die wir uns auch volkswirtschaftlich nicht leisten können? Sind die vielen Tausend Führungsseminare, die wöchentlich in Deutschland stattfinden für die Katz’? Gehen sie nicht tief genug? Oder fehlt es heute mehr denn je am persönlichen ethischen Grundgerüst?
Gehören solche Referate, solche Erkenntnisse in den Müll? fragt der Aufräumer.