Wer ist Wolfgang M. Heckl? Zunächst einmal – das verrät er
in seinem Buch „Die Kultur der
Reparatur“ (bei Hanser, München 2013) – ein leidenschaftlicher Bastler,
Aufschrauber, Hineingucker, Reparierer. Auf vielen Seiten lässt er uns
teilhaben an geradezu spannenden Abenteuern, wie er total veraltete, obsolete Maschinen
und Gegenstände, aber auch Dinge des täglichen Bedarfs erfolgreich reparieren
konnte. Glückshormone werden üppig ausgeschüttet.
Prof. Dr. Wolfgang M.
Heckl ist Generaldirektor des Deutschen Museums in München und Inhaber des
Oskar-von-Miller-Lehrstuhls für Wissenschafts-Kommunikation an der TU München.
Ausgezeichnet mit vielen internationalen Preisen.
Für eine stetig wachsende Zuschauerzahl des
Sonntags-Stammtisches im 3. Programm des Bayerischen Fernsehens mit Helmut
Markwort und dem Karikaturist Dieter Hanitzsch und Gästen ist Professor Heckl
Stammgast von 11 bis 12 Uhr in ihren Wohnzimmern, mitschuldig an verspäteten
oder angebrannten Mittagsmahlzeiten. Stets bringt er irgendein technisches Beutestück vom Flohmarkt mit, das er
wieder zum Leben erweckt hat.
Reparieren ist für ihn nicht nur eine Weltanschauung,
sondern auch und insbesondere ein Überlebenskonzept
unserer ausgebeuteten Erde. Es geht einher mit einer Kampfansage an die
bequeme und verdummende Wegwerfgesellschaft. Obsoleszenz heißt der Hauptgegner, geplante Zerstörung kurz nach
Ablauf der Garantiefristen, oder modisch aufgedrängt, weil optisch veraltet,
dem Hype geschuldet, weil Angeber stets mit dem Neuesten und Teuersten protzen
wollen. Viele Geräte des Alltags lassen sich gar nicht mehr aufschrauben. Das
ist gewollt, aus Sicherheitsgründen, aber auch, weil sie weggeworfen werden
sollen. Und bei modernen Autos stoßen selbst leidenschaftliche Schrauber an
ihre Grenzen.
Oft ist die Reparatur teurer als der Neukauf!
Reparieren steht aber
auch gegen den Fortschritt; denn zumeist steckt in dem Neuen auch die
neueste Technologie, die Miniaturisierung, die bessere Energieausbeute, eine
Multi-Funktionalität, am prägnantesten erlebbar an der Entwicklung des
Mobiltelefons. Der Wortwerfer hatte
sich einst strafbar gemacht, als er mit einem Holzklotz-großen Prototyp aus dem
Wiesbadener Kurpark mit seiner Frau im Rheinland telefonierte. Das Delikt:
Störung des öffentlichen Funkverkehrs. Heute kann man mit dem Smartphone zwar
auch noch telefonieren, aber es verfügt
über gefühlte hundert weitere Fähigkeiten - zugefügt durch „Apps“ -, von
denen die allermeisten nie oder seltenst
gebraucht werden. Aber sie enthalten wertvollste, knappe Rohstoffe – und
sollen dennoch im Interesse der Hersteller nach spätestens einem Jahr obsolet
sein, weil dann das allerneueste Modell verkauft werden muss, um Arbeitsplätze
zu sichern.
Das können wir uns nicht mehr leisten, warnt Professor
Heckl. Um Arbeitsplätze zu sichern, kommt
es zu gigantischer Überproduktion von fast allem – was dann unter Wert
verwertet, verramscht und zerstört werden muss. Auch die vermeintliche
Energie-Ersparnis erweist sich als trügerisch, wenn man die ganze Kette der
Herstellung, vom Abbau der Rohstoffe, ihren Transport, ihre Transformation,
ihre Vermarktung, Verpackung und schließlich die Kosten ihrer Entsorgung
berücksichtigt – ihre Gesamt-Ökobilanz.
Zur Kultur der Reparatur gehören für Heckl auch die immer
zahlreicheren Zusammenschlüsse von Bastlern und Reparierern in lokalen Repair-Cafés und ähnlichen Einrichtungen,
von denen einige im Anhang aufgeführt sind – zugleich als erfolgreiche
Reparaturbetriebe sozialer Beziehungen.
Aus der Leidenschaft fürs Reparieren wird die Notwendigkeit
der Reparierbarkeit als Überlebenskonzept. Aus allen Kapiteln in Heckls Buch
spricht diese Botschaft, die uns auch aus dem Geschehen der Natur eindrucksvoll
erreicht: Reparieren ist das Grundprinzip, Wegwerfen der Tod. Ein lehrreiches,
mahnendes, aber auch vergnügliches Buch – vorzüglich
als Weihnachtsgeschenk für die junge Generation.