Dienstag, 22. Juli 2014

Heikel, heikel, verdammt heikel!




Der Chef hat immer recht. Auch wenn er nicht recht hat. Als der WORTWERFER noch Chefredakteur der Management-Zeitschrift PLUS war, druckten wir die Glosse eines Direktions-Assistenten eines großen deutschen Unternehmens ab: „Der Rasen ist rot!“ Er verstieg sich zu den Überzeugung, dass dann, wenn der Chef beim Blick aus dem Fenster sagen würde, der „Rasen ist rot!“ auch die Mehrzahl der Untergebenen dem nicht widersprechen würde. Der Direktions-Assistent büßte diese Glosse mit dem Verlust seiner Stelle. Hat sich viel geändert?

Eine Chefsekretärin geriet vor Jahren in einen heiklen Konflikt: Sie tippte die Briefe ihres Chefs nach Vorgaben der Rechtschreibreform. Der Chef weigerte sich, diesen neumodischen Quatsch zu unterschreiben. Die Dame musste die Briefe neu „auf alt“ schreiben. So gingen sie dann an die Adressaten. Als dieses Problem in einem Seminar diskutiert wurde, mehrten sich die Beiträge über ähnliche Erfahrungen. Schließlich wurde sogar der Fall diskutiert, dass sich die Sekretärin gezwungen sah, strafbare Handlungen ihres Chefs zu decken oder ihren Job zu quittieren. Andere sahen es schon als normal an, Reiseabrechnungen zu verschönern, Geschenke für sein Gspusi als Fachbücher abzurechnen. Da kam allerhand zusammen, was dann in die Frage mündete:

Wie sollte man sich in diesen heiklen Situationen verhalten?

Diese und insgesamt 30 andere heikle Führungssituationen habe ich in meinem Buch „Heikle Führungssituationen – und wie man sie meistert“ (expert-verlag, Renningen 2011) zur Diskussion gestellt, jeweils drei Lösungs-Varianten angeboten und dann diejenige beschrieben, die realisiert wurde – mit mehr oder minder großem Erfolg. Im ersten Teil des Buches gibt es eine allgemeine Einführung in das Konflikt-Management.

Wenn ich mich umhöre, wie es in manchen Unternehmen im Zeitalter der Gier und des Shareholder-Value-Diktats zugeht, könnte ich leicht einen zweiten und dritten Band verfassen. Es wundert mich nicht, dass die alljährliche Gallup-Studie über die Leistungsbereitschaft deutscher Arbeitnehmer wiederholt zutage fördert, zwei Drittel der Belegschaften machten „Dienst nach Vorschrift“, ungern mehr, und 14 Prozent verhielten sich sogar destruktiv. Weniger als 20 Prozent setzen sich engagiert und hoch motiviert für „ihr“ Unternehmen ein. Wie kommt dennoch der weltweit bewunderte Erfolg unserer Wirtschaft zustande? Durch Druck und Führungshärte, wie oben skizziert, und diejenigen, die sich über die Maßen einsetzen und schuften. Und um wie vieles qualifizierter könnte er ausfallen, würden wir das Engagement und die Kreativität von 40 Prozent der Mitarbeiter entfesseln?

Vor einigen Jahren schon habe ich eine Zettelsammlung für ein Buch angelegt „Von der Führungskraft zur Führungspersönlichkeit – ein 12-Stufen-Leitfaden“. Einige Kapitel sind sogar schon geschrieben. Jetzt hat ein Verlag danach gefragt. Kann es jemand in der oben beschriebenen überhaupt wagen, diese 12 Stufen zu erklimmen, ohne frühzeitig gestürzt zu werden? Der FOCUS greift als Titelbeitrag eine ähnliche Thematik auf. Soll ich? Noch ein Buch? Finanziell lohnen sich Fach- und Sachbücher überhaupt nicht. Der WORTWERFER zögert.

Samstag, 12. Juli 2014

Kennen Sie Ihre Schlüsselbereiche?




Kennen Sie Ihre Schlüsselbereiche?

Der WORTWERFER, dessen Motto lautet „Ich schreibe, also bin ich!“, ist sehr oft gefragt worden: „Wie schaffen Sie das eigentlich, neben Ihrer Beratungs- und Trainingstätigkeit, neben Büroarbeit und Familie und all dem anderen anfallenden Kram noch Bücher zu schreiben?“ Viele Bücher! Fachbücher, Sachbücher, Romane, Krimis, Erzählungen.

Darüber habe ich mich selber manchmal gewundert. In manchen Jahren war ich an über 250 Tagen unterwegs. Mir kommt allerdings zugute, dass ich das Hotelleben liebe, ebenso wie das Bahnfahren (nicht immer). Die ungestörte Ruhe eines Hotelzimmers und die Anonymität eines Eisenbahnabteils mit ausgeschaltetem Handy haben mich geradezu eingeladen, zum Block, später zum Laptop zu greifen, um meiner Schreibsucht zu frönen. Doch dazu später.

Schätzungsweise die Hälfte meiner Seminare waren dem Selbst- und Zeit-Management gewidmet. Das ist ein ziemlich heuchlerisches Thema; denn eigentlich weiß fast jeder, wo er seine Zeit verplempert und wie er effizienter arbeiten könnte. Es ist schwierig, dazu wirklich Neues zu vermitteln. Dachte ich mir. Der Knackpunkt bei den meisten Teilnehmern war auch nicht die Zeit. Es war die fehlende Energie, die sich nur entfacht, wenn man entschlossen ist, mit aller Kraft ein Ziel oder gar mehrere erreichen zu wollen. Ich konnte meist die Seminarteilnehmer in zwei Gruppen einteilen: Auf die Frage nach ihren wichtigsten Zielen, kauten die einen am Kugelschreiber. Die anderen zählten so viele Ziele auf, dass sie diese unmöglich alle erreichen könnten. Alle jedoch einte die Aussage: Sich Ziele zu setzen, hätte wenig Sinn; denn die tägliche Arbeitslast ließe ihnen ohnehin keine Zeit, diese Ziele zu erreichen. Es war keine Aussage – sondern eine willkommene Ausrede. Damit waren wir am Kern des Selbst- und Zeit-Managements angekommen:

Keine Zeit für Ziele, keine Ziele - keine Zeit.

Selbst in Unternehmen, die vorgaben, Führen mit Zielen zu praktizieren, scheuten sich viele Chefs, dies auch konsequent zu realisieren. Warum? Weil die Mitarbeiter so von der Routinearbeit in Anspruch genommen würden, dass sie für Ziele „oben draufgesattelt“ ohnehin keine Zeit hätten. Zielerreichungsgespräche endeten meist in Rechtfertigungen: „Sagen Sie mir bitte, wann ich das noch schaffen soll!“

„Nennen Sie mir die drei bis fünf wichtigsten Tätigkeiten, mit denen Sie am stärksten zum Erreichen der Unternehmensziele beitragen!“ Oft schaute ich in entsetzte Gesichter, wenn ich als Coach diese Frage an Führungskräfte oder Mitarbeiter richtete. „Jetzt? Jetzt gleich?“ – „Ja, jetzt gleich!“ „Diese Frage habe ich mir noch nie gestellt und mein Chef auch nicht!“ So etwa ein typischer Dialog, in dem ich nicht locker ließ und nachhakte: „Und was wollen Sie in der nächsten Woche in diesen Ihren Schlüsselbereichen erreichen? Welche Ziele? Welche kleinen, kurzfristigen Ziele, definiert in messbaren Kriterien?“
 Großes Erstaunen. „Nächste Woche schon?“ Ja, ich blieb penetrant, bis drei, vier oder fünf Ziele notiert waren; meistens zu große. Dann machten wir aus den Zielen Zielchen. Die aber wurden nach einer Woche eingefordert, und dann gleich die für die nächste Woche formuliert. So geht das mit den Schlüsselbereichen. Aus Jahreszielen werden erreichbare Wochenziele, klein, aber stetig. Wie die kleinen Schritte eines Bergsteigers bis zum Gipfel. Verstehen Sie jetzt, weshalb ich den Spitznamen „Ziele-Siegert“ bekam, der jetzt meine Website aufruft?

Ich selbst habe neun Schlüsselbereiche, berufliche und private. Die genießen Priorität: neun kleine, aber erreichbare Zielchen von Woche zu Woche. Wenn ich die geschafft habe, weiß ich, dass nichts Wichtiges anbrennen kann. Ein wunderbares Gefühl – das mir dann sozusagen als Belohnung die Freiheit gibt zu schreiben. Ist ein Manuskript herangereift, muss es konsequent gemanagt werden. Dann wird es zu einem Schlüsselbereich bis zur Veröffentlichung und dem Marketing darüber hinaus.

Warum neun? Weil man mehr nicht schafft. Es werden ohnehin manchmal mehr – mit Unterzielen. Der Ziele-Siegert, alias der WORTWERFER, rät Ihnen auch zur Schlüsselbereichsmethode – und berät Sie auch per Mail (drwerner.siegert@web.de).

Dienstag, 8. Juli 2014

Igeln Sie schon?





Zunächst: Der WORTWERFER ist zurück, aus der Wildnis der Steuer-Paragraphen, aus IgL-Land, aus Problem-Landschaften, aber gottlob auch aus dem kultur- und weinreichen Slowenien nördlich und südlich der Mur.

Viele Merkzettel  haben sich in der WORTWERFER-Mappe  angesammelt, aus der ich als ersten den IgL-Zettel greife. Wie man so sagt: aus gegebener Veranlassung. Bei einer medizinisch angeordneten Untersuchung wurde ich nämlich gefragt, ob ich „gründlich untersucht werden möchte oder auf Kasse“. Gründlich kostet mehr und zwar aus der eigenen Privatschatulle  in die des Arztes oder der Ärztin. Immerhin ging es um Krebs, um eventuelle Melanome. Gründlich? Oder so lala? Gründlich dauerte sieben Minuten plus Aus- und Ankleiden und kostete 25 € extra, weil dabei eine Art Taschenmikroskop zum Einsatz kam. Mit zehnmal „gründlich“ an einem einzigen Tag ist es dicke bezahlt. Und wie ist es mit dem Kennerblick der Ärztin? Wie guckt man „normal“ und wie „gründlich“? Nicht nur in diesen sieben Minuten, auch später habe ich mir gedacht, warum ich nicht auch „igle“? Oder andere Branchen, mein Kfz-Meister beim Wechseln der Reifen (Schrauben gründlich anziehen oder normal? Unwuchten ausgleichen nur als IgL!). Wenn ich Re-Start-ups coache, das sind Personen, die nach einem Fehlstart einen Neustart versuchen, normaler Tarif für gutes Zuhören und ein paar Fragen, oder gründlich mit EKS (Engpass-konzentrierter Strategie) und tiefgründiger Nischensuche (Alleinstellungsmerkmal?), dann aber nur mit IgL-Aufpreis! Das nennt man in der unternehmerischen Wirtschaft „upgrading“. Automobilfirmen betreiben Upgrading bis zum Exzess. Überlegen Sie doch mal, wo Sie IgLn könnten, empfiehlt der WORTWERFER.

„Gründlich“ kam dem WORTWERFER auch kürzlich in den Sinn, als er mit der U-Bahn unterwegs war. Auf einem Sitz hatte ein Fahrgast den Rest eines Eishörnchens, also nur unten die Spitze ohne jegliche Eisreste, auf einem Polster zurückgelassen. Offenbar war damit der Sitz total unbrauchbar geworden. Denn obwohl bereits einige Fahrgäste und –gästinnen stehen mussten, blieb das Eishörnchen „sitzen“. Doch nein, plötzlich griff ein mutiger Fahrgast zu, packte den Eishörnchenrest mit spitzen Fingern und suchte nach einem Abfallbehälter. Da es einen solchen nicht gab, legte er das Eishörnchen zurück auf den Sitz … leider musste ich aussteigen. Ob wohl an der Endstation eine Reinigungskraft den U-Bahnwagen gründlich gereinigt hat? Übrigens: Früher, als wir noch einen Dackel hatten, hätte er dieses Problem normal und schnell gelöst. Krümelfrei! Ohne IgL!

Heute die Einkommensteuer-Erklärung verspätet mit sämtlichen Anlagen AUS, G, KAP, R, S, SO, V, Umsatzsteuer und anderen Tochterformularen, mit geschätzten hundert Kopien persönlich überbracht. Dabei so niedliche Beträge wie 0,04 € Soli erfasst; denn man erwartet von uns „gründlich“ ohne IgL-Zusatzvergünstigung. Im Gegenteil: Für einen Freiberufler fällt die verlorene Arbeitszeit voll ins Gewicht. Kein Blogging, kein Marketing für die eigenen Bücher, kein Lektorat von neuen Veröffentlichungen.

An die Stelle des Arbeitsinhalts tritt der Lebensinhalt

Nach dem Arbeitsleben droht für Arbeiter, Angestellte und Beamte, die regelmäßigen Arbeitszeiten unterworfen waren, eine gigantische Veränderung: Sie sind ab sofort 24 Stunden einen jeglichen Tag der Woche allein oder mit dem Partner, der Partnerin zusammen. An die Stelle des Arbeitsinhalts tritt der Lebensinhalt. Welcher Lebensinhalt? Zunächst nur Ausschlafen, sich erholen, Urlaub machen, den Hobbys mehr Zeit einräumen – und dann? Wer sich mit „seinem“ Unternehmen „identifiziert hat“, „voll  in seiner Arbeit aufgegangen ist“ (wie es mancher Arbeitgeber eingefordert hat), erlebt jetzt, dass sich dieses Unternehmen keineswegs mit ihm oder ihr identifiziert. Es ist weg! Nur die Rente oder Pension erscheint regelmäßig auf dem Konto. Aber Geld ist nicht alles. Einige Unternehmen hatten vor Jahren den WORTWERFER als Berater, Coach und Trainer zu Hilfe gerufen, nachdem Führungskräfte nach ihrer Pensionierung Selbstmord begangen hatten, in Alkohol und Drogen verkamen, Scheidungen verkraften mussten. Viele Seminare dienten daraufhin der „Vorbereitung auf den Ruhestand“. Daraus sind auch drei Bücher entstanden. Eines wird in 14 Tagen neu auf den Markt kommen. Es hat nichts von seiner Dringlichkeit eingebüßt. Näheres demnächst an dieser Stelle! Ihr WORTWERFER