Dienstag, 11. August 2015

Die Hohe Schule des kreativen Schreibens




Die Hohe Schule des kreativen Schreibens

Diesmal fordert das Thema alles vom WORTWERFER, und zwar soviel, dass er selbst nicht in der Lage wäre, den ausbedungenen Ansprüchen zu genügen.

Es geht um eine ganz spezielle Hohe Schule kreativen Schreibens, nämlich das Texten von Sommerschlussverkauf-Katalogen. Also von Katalogen, in denen all die Ware angepriesen werden muss, die bisher von potenziellen Käufern geschmäht wurde. Und zwar in den höchsten Tönen, getrieben geradezu von lärmendem Unverständnis, weshalb diese federleichte, superbequeme, superleichte mit Regenschutz und Klimakomfort ausgestattete Ware von hohem Freizeitwert mit einzigartigem Kühlungskomfort durch Powerfasern nunmehr zu SSV-Preisen nochmals angepriesen werden muss. Sozusagen Perlen vor die renitenten Kunden werfen.

Der WORTWERFER hat nur mal einen Moment versucht, sich in die Lage des kreativen Texters zu versetzen, der all diese Hymnen zu verfassen hat. Im Geist verfolgt er diesen armen Kerl oder sei es eine beflissene Texterin, wie er oder sie an den noch üppig gefüllten Regalfächern zusammen mit den Lagerarbeitenden entlang schreitet, um sie zu interviewen. „Warum müssten eigentlich unsere Kunden darauf brennen, gerade diese Badehose zu kaufen? Wie kann ich ihre Vorzüge richtig zur Geltung bringen?“ „Nun, sie ist hautfreundlich, schnelltrocknend, anschmiegsam!“ „Hat sie besonders modischen Schick?“ „Modisch? Nein, sie ist eher retro im Schritt, nein, ich meine im Schnitt, mit den seitlichen Kontrast-Paspelierungen und elastischem Softbund mit Kordelzug. Damit macht man am Strand und am Pool eine gute Figur!“ Supertext. „Aber mal unter uns, ganz im Vertrauen: Ich würde mir diese Lachnummer nicht kaufen!“ Schnappatmen. Gehen wir heldenhaft weiter zum nächsten Regal mit der ultraleichten, schattenspendenden Kappe mit hervorragendem Sonnenschutzfaktor … und weiter … und weiter ….Es müssen noch über 120 Artikel so angedichtet werden, dass Frau oder Mann begeistert zum Telefon greifen.

Das, meine lieben Leserinnen und Leser, erfordert eine ganz andere Klasse von Hoher Schule des kreativen Schreibens. Solche Kräfte werden wohl bei Werbe-Agenturen geradezu als Stars angehimmelt*. Fordert Sie, die Autoren, so eine Aufgabe nicht mehr heraus als die weltweit noch nie geschilderte Art, jemanden umzubringen und dabei über 560 Seiten den pfiffigsten Kommissaren auf der Nase herumzutanzen, unterbrochen von Sex- und Saufszenen mit mafiösem Lokalkolorit? Wahlweise eine ganz neue Galaxis zu erfinden mit gruseligen Monstern, die einer blonden Unschuld nach dem Jungfernhäutchen trachten.

Da ist ein maritimes Poloshirt mit Brusttasche und Zierstickerei, wunderbar glatt, weich, langlebig, formtreu, temperaturausgleichend in kombistarkem Weiß oder Rot, hochwertige Interlock-Qualität, Knopfleiste mit Kontrastverarbeitung, besticktem Ärmelbesatz und Seitenschlitzen, mit fleckabweisendem Lotuseffekt, selbstverständlich maschinenwaschbar, eine ganz andere Herausforderung. In dieser Ausführlichkeit nur annähernd von Martin Walser erreicht, der ein solches achtlos zur Seite geschleudertes Gewand über der lilagestreiften Ottomane in einem von kleingeblümter Tapete beherrschten Vestibül feinsinnig ortet, und so den Blick vom abgetretenen, stellenweise sogar bereits in zerfaserten Fäden zerschlissenen Teppich ablenkt (stark gekürzt).

Wobei der SSV-Katalog-Poet das Bruttosozialprodukt wahrscheinlich wirksamer steigert als ein auf einer Möhre rumkauender, Ideen erflehender eBookler. Vermutet neidvoll der WORTWERFER, der den Sirenenstimmen der kreativen Anpreiserinnen kaum zu widerstehen vermag, zumal es ja noch eine Gratis-LED-Taschenlampe mit 300 m gebündeltem Strahl, Nasa geprüft, Batterien incl., dazu gibt. Nicht auszudenken, man könnte so einen Katalog-Super-Fuzzy mal für den Klappentext eigener Werke gewinnen.
*) Höre gerade, dass mit Vorliebe unbezahlte Praktikanten in diese Hölle geschickt werden.

Mittwoch, 5. August 2015

Von Zwangsneurose befallen?




Von Zwangsneurose befallen?

Eine Zwangsneurose, so hat sich der WORTWERFER belehren lassen, ist eine innere Nötigung zur Durchführung gewisser objektiv sinnloser, zweckloser, in ihrem Ablauf meist streng ritualistisch geregelter Handlungen und Denkbewegungen. Mein Bloggen geht vielleicht in diese Richtung.

Ich wüsste allerdings nicht, auf welche aller männlichen Handlungen diese Definition so akkurat zugeschneidert wäre, wie auf jenen Drang, der jeden Freiberufler mindestens einmal im Jahr dazu bewegt, seinen Schreibtisch aufzuräumen. Dieses Reservat, das selbst im gründlichsten Frühjahrsputz eine Enklave peinlich gehüteter Anarchie darstellt, wird plötzlich aus heiterem Himmel der Schauplatz einer Katastrophe, ja,  es hat schon viel Ähnlichkeit mit einem Erdbeben.

Meist beginnt es damit, dass man etwas sucht. Zum Beispiel einen Brief oder einen Verlagsvertrag. Das ist allein wäre nur ein mittelschweres Problem. Nach einer Stunde hat man die Aktenberge soweit umgegraben, dass man dabei viele andere verschollen geglaubte Schriftstücke zu Tage gefördert hat – den Vertragsverlag allerdings noch nicht. Jetzt fehlt jedoch auch noch der dunkelblaue Taschenrechner, der einzige, mit dem man auf einen Klick DM in € und umgekehrt berechnen kann. Das ginge auch mit den vielen anderen Taschenrechnern in der Schublade, aber nicht mit einem Klick. Der hat doch immer in dieser Schublade gelegen. Schließlich wurde er dort noch vor Kurzem gesehen. Er muss dort sein. Also wird ausgeräumt. Ein alter ehrwürdiger Rechenschieber, vergilbte Tesarollen, zahllose Kugelschreiber, Radiergummi, Büroklammern für alle Papierstärken, Bleistifte, Spitzer, Anstecknadeln, Brillenputztücher, ausgetrocknete Reklame-Markierstifte in allen Farben in einem schönen Etui, Erinnerung an irgendeine Messe. Sogar noch ein leeres Tintenfass. Aber nicht der dunkelblaue €/DM-Rechner. Am besten ist es, man kippt die ganze Schublade aus und ordnet sie von Grund auf völlig neu. Die Bleistifte müssen gespitzt, die Kugelschreiber auf ihre Kugelschreibe hin geprüft werden. Ordnung ist, wenn jedes Ding an seinem Platz ist, der Platz dafür der richtige – und sich das Ding immer an diesem Platz befindet. Wer diese Definition definiert hat, stand wahrscheinlich noch nie vor der komplexen Herausforderung, eine Schreibtischschublade (wahlweise eine Damenhandtasche) zu ordnen.

Ach so – der Verlagsvertrag! Es hilft wohl alles nichts, der Bazillus greift nun vom Schreibtischgewühle jetzt auch auf die Aktenschränke über. Auf dem Tisch mischen sich Utensilien mit Dokumenten, und zwar ziemlich neue und solche mit DM-Beträgen und Schreibmaschinenschrift sowie Durchschlägen mit Kohlepapier. Die Beträge könnte man jetzt mit einem Klick umrechnen, wenn …. Und der Verlagsvertrag ist definitiv nicht in diesem Aktenschrank. Das heißt, dass das ganze Büro mal gründlich umgekrempelt werden müsste. So kann es ja nicht weitergehen.

Jetzt ist jeder Zweifel beseitigt: Mich hat eine Zwangsneurose befallen, eine Art Waschzwang, ein Fetzen nicht bewältigter Grundschuljahre aus jenen Tagen, da ich den Start in ein neues Schuljahr nur mit Mamas Hilfe in letzter Minute hin bekommen habe mit gespitzten Griffeln, sauberem Tafellappen, rot leuchtendem Schwämmchen und fettfreier Schiefertafel. Heute sieht es jedoch in den gigantischen Schulranzen meiner Enkel ebenso aus wie in meinem Büro. Man findet so gut wie nichts – außer Papas dunkelblauen Taschenrechner, aber natürlich nicht den Verlagsvertrag. „So was speichert man doch heute im Computer!“ weiß der Junior. Nickend  erinnere ich mich daran, dass es ihn auf Papier vermutlich noch nie gab, sondern nur als Mail, gespeichert im PC. Oder gelöscht. Weil man ja auch im Computer immer mal wieder die Platte putzen muss. Aber das mit dem Büro aufräumen, hätte man sich wirklich sparen können.

Wahrscheinlich macht der WORTWERFER auch beim Worte werfen alles falsch, weil er keine klare Linie einhält, nur ein Sammelsurium von irgendwelchen Themen. Vielleicht müsste da mal aufgeräumt werden. Sobald die nächste Neurose vorbei kommt.

Mittwoch, 29. Juli 2015

Am deutschen Wesen?




Am deutschen Wesen?

Da bin ich wieder, der WORTWERFER, nach langer Zeit. Ich werde ja auch der „Ziele-Siegert“ genannt, weil ich mich in meiner Unternehmenspraxis, bei meinen Beratungen, Trainings und Coaching schwerpunktmäßig auf das Definieren und Erreichen lohnender Ziele konzentriert hatte – und habe.

Erfolgserlebnisse sind der höchste Motivator (nach Herzberg). Erfolgserlebnisse sind erreichte Ziele. Ohne Ziele – keine Treffer – keine Erfolgserlebnisse. Diese Grundregel habe ich auch in meinen diversen Fachbüchern vertieft (www.ziele-siegert.de).

Was sind das für Ziele? Für mich als Dipl.Kfm. und Dr. rer. pol. mit einem protestantisch-preußischen Vater war das eigentlich nie eine Frage. Ziele, das ist unternehmerischer, wirtschaftlicher, beruflicher Erfolg, messbar letztlich in Geld. Oder in allem, was man sich für Geld leisten kann.

Griechenland brachte das Gerüst ins Wanken. Immer häufiger diskutieren wir in privaten Kreisen, im PresseClub, im Biergarten auf „europäischer Ebene“: Haben eigentlich alle Europäer wenigstens ungefähr die gleichen Ziele? Gibt es landestypische Lebensziele? Für uns Deutsche war klar: Haus, Auto, Segelboot, Pferde, Oper, Festspiele, weite Reisen. Um das zu erreichen, arbeiten wir fleißig und effizient. Symbol: das Laufrad!

Für die Franzosen sieht das schon anders aus: Der Genuss, das Essen, der Wein, angeblich die Liebe stehen im Fadenkreuz. In einem kleinen, vertrauten, wenig bekannten Restaurant gut, ausgiebig, in Ruhe essen und trinken.

Für den Italiener, wenn es ihn gibt, und die Italienerin ist die Piazza die Bühne des Lebens. Dort spielt sich das Leben ab. Dort möchte man sich in Grandezza präsentieren, elegant und stilvoll gekleidet. Vor dem Publikum, das dort den Espresso oder Cappuccino nimmt.

Und nun der Grieche! Mit der deutschen Efficiency (man mag mir dieses Neudeutsch verzeihen) haben sie nichts am Strohhut. Wozu? Braucht’s das zum Glücklichsein? Oder doch mehr Muße, um im Schatten vor der Taverne über den Sinn des Lebens nachzudenken und den Schiffen, den teuren weißen Yachten nachzuschauen, die reinkommen und hinausfahren. Die bringen das Geld.

Alles sehr holzschnitthaft. Hier werden Klischees nachgezeichnet. Zugegeben. Deshalb falsch? Glauben wir tatsächlich, den Franzosen, den Italienern und Griechen das deutsche Laufrad exportieren zu können? Wir haben die Spanier, Portugiesen und andere noch gar nicht in unsere Kreise aufgenommen. Natürlich reden wir uns damit raus: Von nichts kommt nichts. Einer muss das Geld verdienen, muss für Qualität, für Ordnung und Infrastrukturen sorgen. Aber gleich so total?

Warum reisen Deutsche so gern nach Italien? Nach Griechenland? Nach Spanien? Nach Frankreich? Nur der Sonne wegen? Am deutschen Wesen wollen wir selbst nicht so recht genesen.

Aber das hat durchaus ernste Folgen: Daraus erwächst kein europäisches Bewusstsein, nicht der Stolz, ein Europäer zu sein. Diese Zeiten sind vorbei. Vergangene Jahrhunderte waren viel europäischer. Die Musik war grenzenlos. Europäische Parkanlagen entstanden in Wörlitz, in Muskau, in Sanssouci,  in Paris, in England. Baustile – europäisch! Literatur kennt keine Grenzen! Und dann preschen die Deutschen davon. Schneller, effizienter, rationeller, zeitsparender, Output, Output, Output! Alles im DIN-Format.

„Atala arbeitet bei Citroën.“ Mit diesem schlichten Satz eröffnete Jean Fourastië einen Vortrag über die Unbeliebtheit des Unternehmers. Atala ist eine Halbindianerin, die zentrale Figur in einem Roman von Chateaubriand. In seiner These nimmt Fourastië Atala als Gastarbeiterin mit nach Europa. Wird Atala dort glücklich? Absolut nicht; denn sie muss den größten Teil ihres Lebensgefühls, der Farben und Melodien, der Vogelstimmen und Düfte ihrer Heimat an der Garderobe abgeben, wenn sie bei Citroën (als Prototyp des Industriebetriebs) arbeiten will. Sie muss rechteckig, diszipliniert funktionieren. Weshalb soll sie den Unternehmer lieben? Wegen des Lohns, den sie erhält – als Schmerzensgeld?

So wie Atala geht es vielen Europäern, wenn sie am deutschen Wesen genesen sollen. Sie sehen vielleicht ein, dass sie im globalen Konkurrenzkampf bestehen müssten. Aber Freude kommt dabei nicht auf. Und es lebt sich besser mit einem Sündenbock namens Schäuble – noch dazu ein Schwabe mit dem typischen Lebensziel „Spare, spare, Häusle baue!“

Samstag, 20. Juni 2015

Hilfe! Zuviele Bücher verfasst!




Hilfe! Zuviele Bücher verfasst!

Zur Zeit sind 40 Bücher von mir im Handel als Print- oder Electronic-Books erhältlich. 13 Sachbücher, 7 Fachbücher, 11 Krimis, 8 Romane, 1 Kinderbuch. Das ist eine Katastrophe!
Wieso, fragt der WORTWERFER überrascht?
Weil man sich um so viele Titel gar nicht kümmern kann. Denn die Verlage machen nichts. Keine Promotion, kein Marketing. Sie pushen nur Selbstläufer von Promis, von Sex- und Kochbüchern. Und – zugegeben - von Spitzenautoren. Dazu zähle ich mich nicht.
Also müsste man für jedes eigene Buch selber Marketing betreiben. Das geht bei 40 Büchern nicht.
Man muss besondere Chancen nutzen, auch wenn der Zug eigentlich schon abgefahren ist. Kürzlich war im wunderschönen Voralpendorf Krün Barack Obama nebst unserer Bundeskanzlerin zu Gast. Man servierte ihnen Weißwürste und versuchte dem Präsidenten beizubringen, wie man eine Weißwurst isst. Schade, dass ich nicht früher davon erfahren habe; denn dann hätte ich auf eigene Kosten ein paar Exemplare meines kabarettistischen Ratgebers hingeschickt: „Der kleine, aber absolut unentbehrliche Weißwurstknigge“ (bei Literareon, München), den es auf Deutsch, Englisch und Japanisch gibt. Was tun? Jetzt schicke ich Exemplare nach Washington, Berlin und Krün. Lohnt sich das? N e i n ! Denn ich verdiene an jedem verkauften Stück gerade mal 10 Cent vor Steuern. Kleinvieh? Image?

„Das Vorlesebuch für Demenzkranke“ (Shaker-Media, Aachen, print u. eBook) bringt zur Zeit relativ die höchsten Einnahmen – gesetzt den Fall, ich verschicke viele, viele Briefe und teure Flyer an Adressen, die sich um Demenz-Patienten kümmern, oder Kongresse zum Thema. Ohne diese Briefe tendiert der Umsatz gegen Null.

Mein bester Roman „Das herbstrote Blatt“ (Shaker-Media, Aachen, print u. eBook) ist bestens rezensiert und begeistert die leider ganz wenigen Leserinnen und Leser. Das war’s dann auch.

Unser Sachbuch „Supermacht Frau / Sind die Männer noch zu retten?“ (Amalthea/Signum, Wien-München) ist hochaktuell – aber leider so gut wie unbekannt. Darin stecken 11 Jahre Recherche, Lektorat und stilistische Feinarbeit. Ich verschicke Flyer und Briefe an einschlägige Medien. Lohnt sich das? Nein! Wenn man nicht Professor oder Promi ist, landen die Exemplare vermutlich im Papierkorb. Das Gleiche gilt für das alarmierende Buch „Supermacht Kids / Lassen wir uns unsere Kultur kaputt machen?“ (Amalthea-Signum, Wien – München). Darin geht es u.a. um das Ende unserer Sprache und Werte.

„Heikle Führungssituationen – und wie man sie meistert“, „Ohne Ziele – keine Treffer!“, „Wie führe ich meinen Vorgesetzten?“ – ein paar Fachbuch-Titel. Ich kann so gut wie nichts dafür tun. Das ist, als ob man sich um seine Kinder nicht mehr kümmern kann.

„RISS oder ROSE? Wie sich Beziehungen nach dem Arbeitsleben ändern“ (jetzt bei Kastner, Wolnzach bezw. Amazon als eBook) befasst sich mit einem brennenden Problem. Ehen zerbrechen, Suicide häufen sich, Drogen, Alkohol, Gammeln – oder man findet zur einer neuen Liebeskultur. Der Reinerlös fließt in eine Stiftung zur Förderung der Krebsforschung.

Es befinden sich noch mindestens 5 Titel „in der Pipeline“, 2. Sachbuch-Auflagen, fertige Roman-Manuskripte, Kurzgeschichten-Sammlungen („Liebestöter“), die zu überarbeiten sind. Angefangene Drehbücher für Verfilmungen? Macht es noch Sinn? fragt der WORTWERFER? Was tun?

Freitag, 17. April 2015

Machen Sie Demenz-Kranke zu Experten!




Machen Sie Demenz-Kranke zu Experten!
Ja – geht’s noch?

Ja, oft geht es noch, weiß der WORTWERFER. Und es gibt ihnen ein bisschen Würde zurück! Wissen Sie noch, was eine Bahnsteigkarte ist? Eine Kreiselpeitsche? Ein Care-Paket? Eine Kaffeehaube? Sie vielleicht nicht mehr, aber viele Demenzpatienten sind stolz, es Ihnen ausführlich erklären zu können.

Hochbetagte Menschen verblüffen uns oft damit, dass sie lange Gedichte, Lieder mit vielen Strophen singen können. Das Gehirn funktioniert wie ein Speicher, der zeitlebens befüllt und später Stück für Stück leer geräumt wird. In der Wirtschaft nennt man das "first in, last out". Der erste Schultag, der erste Liebesbrief, der erste Kuss, einprägsame Ereignisse aus der Kinderzeit, diese Erinnerungen lassen auf einmal alles, was damit im Gehirn noch vernetzt ist, wieder aufleben. Behutsam kann man versuchen herauszufinden, bis wie weit der Erinnerungs-Horizont in die "jüngeren" Jahre reicht. Vorlesen macht Demenzkranke und ihre Betreuer glücklich.

Die Stationsleiterin eines Pflegeheims für Demenzkranke bat meine Mitautorin Ingrid Schumacher und mich, für ihre Patienten kurze Geschichten zum Vorlesen zu verfassen, die in ihnen Spuren der Erinnerung wecken könnten. Im direkten Kontakt mit den Patientinnen und Patienten konnten wir herausfinden, bei welchen Texten ihre Augen zu leuchten begannen und sie selber Anteil nahmen. Daraus ist unser „Vorlesebuch für Demenzkranke“ mit 45 Geschichten aus diversen Erlebnisbereichen entstanden. Schon bei den ersten fünf bis zehn Zeilen sieht man es ihnen an, wie sie innerlich berührt werden. Um sie zu wecken, muss man allerdings langsam und sehr betont lesen und sie anschauen. Das verstehen wir unter therapeutischem Lesen.

Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass dann, wenn eine Geschichte „gezündet“ hat, der Patient oder die Patientin selber anfängt zu erzählen, vielleicht sogar zu singen. Es gibt Lieblingsgeschichten, an die Patienten sich noch nach Wochen erinnern, ja, sogar an einzelne Personen darin. Mit diesen Geschichten kann man ihnen immer wieder Freude bereiten.

Einen besonderen Dank widmet der WORTWERFER den Therapeutinnen und Therapeuten, die uns bei unserer Arbeit beraten haben. Auch im Namen meiner inzwischen verstorbenen Mitautorin Ingrid Schumacher.

„Das Vorlesebuch für Demenzkranke / 45 Geschichten aus der Welt der Erinnerungen“, Shaker-Media-Verlag, Aachen 2012, 14,90 €. Im Buchhandel oder direkt beim Verlag.


Montag, 6. April 2015

Authenzität – die neue Sau!




Authenzität – die neue Sau!

Die neueste Gallup-Studie mit noch mal schlechteren „Führungszeugnissen“ für deutsche Chefs hat offenbar wie das Stochern in einem Ameisenhaufen gewirkt. Nun tauchen überall neue Führungstipps auf. Mit Sicherheit gibt es bald Masterkurse für Authenzität. Die Trainer-Industrie wird sich nicht lumpen lassen. Man kann wieder eine neue Sau durch Management-Country treiben. Von AUDI berichtet die SZ vom Samstag, man veranstalte dazu Führungs-Seminare. Toll! meint der WORTWERFER.

Ein Vorteil, wenn er denn wahrgenommen würde: Man kann auf mindestens 30 Jahre alte und bewährte Unterlagen zurückgreifen. Außerdem ist der Begriff der Authenzität dank Wikipedia gut definiert. Was Unternehmensberatungen und Trainer nicht daran hindern wird, noch viel tiefgehendere Definitionen zu definieren. Professoren können wieder Diplomarbeiten oder gar Dissertationen vergeben. Man kann alles durch Überperfektionierung bis zur Unkenntlichkeit zerbröseln. Das ersetzt die Anwendung.

Authentisch wirkt ein Mensch, wenn er sich zu seiner Persönlichkeitsstruktur bekennt und nicht ein anderer sein will, als er ist. War bisher Kerninhalt bei jedem Kommunikations-Training vom WORTWERFER.

Zwei authentische Vorfälle aus meiner Praxis: Ein alter Haudegen im Verkauf von Möbeln bei Händlern hatte sein Pensionsalter erreicht und musste nun den Nachfolger Jung einarbeiten. Nach dem Motto: „Vergiss alles, was du in Kursen gelernt hast. Jetzt zeige ich dir mal, wie man Aufträge schreibt.“ Nennen wir ihn Schulz und den nicht wesentlich jüngeren Einkäufer der Möbelkette Krämer. Die Szene: Schulz trifft den Krämer schon auf dem Flur, haut ihm auf die Schulter „Na Krämer, du alte Sau, wie geht es dir? Das hier ist mein Nachfolger, der Herr Jung. Der muss noch viel lernen. Hast du schon wieder neue Playboy-Witze auf Lager? … Krämer und Schulz sprechen über alles, Zoten, Fußball, Weiber – nur nicht über Möbel. Dafür hat Schulz schon eine Bestellliste ausgefertigt, die er dem Krämer rüberschiebt. „Da, unterschreib’ mal. Du kannst dich auf den alten Schulz verlassen und willst mir sicher einen schönen Abgang verschaffen!“ Und so geschieht es.
Als Jung ein paar Wochen später „den Schulz gibt“ und Krämer Schweine-Witze erzählt, eine Bestellliste in der Hand hält, geht natürlich alles den Bach runter.
Der andere Fall: Ein Bekannter nimmt an einem Verkäufertraining teil. Er wirkt in der Folgezeit völlig verändert: Auftreten, Kleidung, Frisur, Sprechweise. Ich kenne ihn nicht wieder. Seine bisherigen Kunden allerdings auch nicht. Statt besser zu werden, scheitert er und wird bald darauf entlassen.

Wer seine Authenzität verleugnet, sich verstellt, nicht mehr „ganz er selbst ist“,  wie es im Biostrukturanalyse-Training heißt, scheitert. Er scheitert auch als Führungskraft, obwohl er über Macht verfügt. Er gilt als „falscher Fuffziger“. „Man weiß bei ihm/ihr nie, wo man dran ist!“ „Hier markiert er den starken Mann; dabei ist er ein Kriecher!“ „Sie glaubt, sie müsse führen wie ein Mann …“.

Wie gesagt: Das ist alles nichts Neues. Vermutlich mehr als 2000 Jahre alt. Aber wer ist man denn – und wenn ja, wie viele? Es gibt einige aussagekräftige Persönlichkeitsstruktur-Analysen, die einem verraten, welche Stärken und Talente die Gene, die frühkindliche Prägung und die Erziehung einem geschenkt und vermittelt haben. Und was einem weniger gut liegt und gelingt. Die Stärken zugunsten der Mitarbeiter und Kunden einzusetzen, muss das Ziel sein. An den Schwächen zu arbeiten und sich deren bewusst zu sein, ist Verpflichtung. Kann man buchen. Der WORTWERFER kennt auch gute Adressen.

Aber der WORTWERFER kennt auch Firmen, insbesondere Consultants, bei denen schon das Vorstellungsgespräch ein Verstellungsgespräch sein sollte, will man Erfolg haben. Authenzität wird gegen Company-Design ausgetauscht. Und auch in manchen Schulen wird Authenzität nicht gerade gut benotet. „Wartet nur, wir kriegen euch schon noch klein!“ war lange Zeit ein pädagogisches Credo. Nicht ohne Grund haben sehr viele sehr erfolgreiche Unternehmer „die Schule geschmissen“!

Samstag, 21. März 2015

Konzentrieren – leicht gemacht!



 Konzentrieren – leicht gemacht!


Der SPIEGEL hat in seiner Nr. 11/2015 auf dem Titelbild mit dem Thema aufgemacht
„K o n t r e n z i e r  d i c h !
auf einer ansonsten gelben Fläche. Also im Zentrum. Auf den ersten Blick war man irritiert; denn das Gehirn der meisten Leser hat den Fehler so schnell korrigiert, dass er ihnen zunächst gar nicht aufgefallen ist. Die Titelgeschichte bietet ein Sammelsurium an wissenschaftlichen Erklärungen und Rezepten, wie man sich besser konzentrieren kann.
Erstaunlich ist, dass eine Methode gar nicht in Erwägung gezogen wurde, obwohl sie mit dem Wort
„K o n z e n t r a t i o n“
sozusagen mitgeliefert wird. Es gibt also ein Z e n t r u m , dem unsere Aufmerksamkeit zu gelten hat. Dieses Zentrum ist der Gegenstand unseres Handelns, unseres Nachdenkens und Lernens, und von dem wir uns bitte nicht ablenken lassen sollen. Dass jedoch Ablenkung eine sehr natürliche Reaktion, sozusagen ein Fluchtweg unserer (bei den meisten Menschen) linken Gehirnhälfte ist, wird im SPIEGEL-Beitrag nur umschrieben. Die linke Gehirnhälfte verbraucht sehr viel Energie – ja, tatsächlich Gehirnstrom. Das merkt jeder, der einen schwierigen Text lesen oder ihn aufnehmen muss, oder der eine schwierige, abstrakte Aufgabe lösen muss, und vielleicht sogar müde ist. Schon nach kurzer Zeit kommt es zu kurzen „Tagträumen“. Wir sind kurz mal nicht bei der Sache. Es herrscht kurz mal Stromsperre. Dann immer häufiger. Nach dem Versuch, ca. 45 Minuten konzentriert einer geistigen Aufgabe nachzugehen (mit x-mal kurz Weggetreten) suchen wir meist auch einen körperlichen Fluchtweg: einen Kaffee zubereiten, die Emails auf dem Smartphone anschauen, mal telefonieren, mal vom Schreibtisch aufzustehen, sich recken, eine manuelle Tätigkeit ausführen, und wenn es Schreibtischaufräumen ist. Es ist Zeit, Pause zu machen, um den Stromspeicher wieder aufzufüllen wie z.B. auch beim Handy. Wir wechseln in die rechte Gehirnhälfte, die ganz wenig Strom verbraucht. Schließlich gucken wir stundenlang Fernsehen, fast ohne zu ermüden. Oder hören Musik. Oder essen was.

Was hat es mit der Vorsilbe „c o n“ auf sich? Con heißt „zusammen“, aus mehreren Richtungen auf eine Tätigkeit, auf Ziel gerichtet sein. Con-zentrieren heißt, sich aus mehreren Richtungen, mit mehreren Mitteln auf das Zentrum zu zu bewegen. Was sagt uns das? Auf einem einzigen linearen Pfad stur „im stillen Kämmerlein“ auf unser Lern- und Arbeitsziel zuzusteuern, ist das Gegenteil von konzentrieren. Je mehr Zugangswege, Hilfsmittel, Ratgeber wir aktivieren, um die zentrale Aufgabe zu lösen, desto stärker – und gehirngerechter! – konzentrieren wir uns. Wir überlisten unser Gehirn, indem wir auch die Ablenkungen auf das Ziel lenken.

Als einer unserer Söhne sich auf eine Schulaufgabe über die Ente vorbereiten musste, versuchte er, das Kapitel aus dem Schulbuch auswendig zu lernen. Er verzweifelte und wollte lieber spielen. Unweit war ein Teich. Wir nahmen ein Fernglas und eine Kamera mit und beobachteten eine halbe Stunde Enten, bunte und braune, kleine und große. Zuhause nahmen wir statt des Schulbuchs den „Großen Brehm“ und ein Kosmos-Buch zur Hand. Jetzt erwachte in unserm Sohn der Forscherdrang. Die Wörter füllten sich mit Bildern und Erlebnissen. Übrigens: Genau das meint BILDung = Bilder sammeln im Gehirn. Kurz und gut: Wir konzentrierten uns ganz auf die Ente und die Enten. Die Schulaufgabe wurde erstklassig bewältigt.

Versuchen Sie also, wenn es Ihnen schwer fällt, sich zu konzentrieren, auf möglichst vielen Wegen die Aufgabe zu meistern. Manche würde sagen: Aber das ist doch Zerstreuung! Ja – aber zielgerichtete! Leider ist es oft nicht so leicht, sich auf diese Weise zu konzentrieren, zum Beispiel bei der Steuererklärung. Aber Pausen machen hilft, weiß der WORTWERFER.

Samstag, 21. Februar 2015

Adrienne war schlecht beraten




 Eine der frühen Kurzgeschichten von mir, veröffentlicht in der "Rheinischen Post" vom 14.7.1955. Da gab's noch Gepäcknetze und man durfte im Zug rauchen. Viel Spaß

 Adrienne war schlecht beraten
Eine merkwürdige Begegnung
erzählt von Werner Siegert

„Meinen Sie?“ schreckte mein Gegenüber auf und starrte mich forschend an. Sie kennen das ja: Erst war ihm der Kopf ein paar Mal vornüber gesunken, wenig später atmete er tief und ruhig, der monotone Schienenschlag verfehlte seine Wirkung nie. Dann kam eine Weiche, und hoppla, schon kam er wieder zu sich. Und in dieser selben Sekunde beugt er sich zu mir herüber und schleudert mir sein „Meinen Sie?“ entgegen.

Bitte, was hätten Sie in dieser Lage getan? Ich bin ein höflicher Mensch. Ohne zu zögern sagte ich „Ja“, obgleich ich nicht die geringste Ahnung hatte, was ich wohl meinte. Taktlos wäre es, einen Traum auf der Schwelle ins Reich der Wirklichkeit mit einem rauen Wort wieder ins Jenseits zu verweisen!

Nachdenklich schüttelte der Eisenbahnträumer seinen Kopf, dann fuhr er plötzlich fort: „Wie hat es aber dazu kommen können?“ Oho, was nun? Jetzt ein Traumbuch haben! Zunächst konnte ich ja noch ausweichen: „Vermögen Sie das Schicksal zu enträtseln?“ Ein Hoch dem Gemeinplatz! Das also ist sein Wert, meditierte ich: Tote Geleise auf dem Wege zur klaren Aussage, Rangierbahnhöfe… Ich hätte es bestimmt noch schöner formulieren können, wenn man mich nicht aus der Bahn geworfen hätte: „Ja, aber dagegen ließ sich doch damals noch etwas unternehmen!“

Wogegen denn, um des Himmels Willen? Ich geriet in Panik, Schlussverkauf der Phantasie, Reste ganz billig. Der Schweiß tränkte meine Augenbrauen, da kam die Rettung: „Eine Tragik menschlichen Unvermögens? Wohl kaum!“ ließ ich aus skeptischem Munde vernehmen. Das gab mal wieder etwas Aufenthalt. Was hatte ich mir da eingebrockt, aus purer Höflichkeit! Für nichts und wieder nichts musste ich meine Gedanken-Mechanerie auf höchste Touren bringen. Wohltätigkeitsmatinee mit feilgebotenen Kurzgeschichten!

Und wieder völlige Verwirrung: „Versagen, Versagen, völliges Versagen! Das ist es ja eben!“ prustete er, und ich wich zurück, als ob seine Anklagen mir gegolten hätten. Der Ball war wieder bei mir, und einmal begonnen, musste ich auch mitspielen „Ich möchte mich nicht in dieser Richtung festlegen“, ließ ich  verlauten. „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!“
Dieser Schuss war gewagt, und da kam auch schon die Antwort wie ein Schmetterball: „Ja, aber Sie sagten doch eben selbst, dass alle Möglichkeiten offen waren, um aus dieser Situation zu entkommen?“ Donnerwetter, da hatte mir mein traumhaftes Double aber etwas eingebrockt. Ich musste ihm zu Hilfe kommen: „Sehen Sie, wenn ein Fuchs auch viele Löcher hat, er kann doch immer nur aus einem kriechen!“ War ich nun sicher? Ich nutzte die Pause, um meinen unheimlichen Partner im Spiegel der Scheibe zu beobachten. Er mochte etwa in meinem Alter sein. Und sah doch eigentlich ganz normal aus. Sollte er tatsächlich…, aber dann müsste man ihn doch heilen können? Meine Gedanken verloren sich wieder auf dem Bazar, auf dem man Storys verkaufte. Wieder eine Schwarte … zum ersten, zum zweiten und zum … Gerade wollte ich sie nehmen, da kam mir jemand zuvor: „Was hätten Sie denn an ihrer Stelle unternommen?“

Ach so, ja, ich? Moment, es handelte sich also um eine Frau oder Genetiv Pluralis? Ich entschied für Frau: „Nichts schwieriger, als sich in die Gedanken eines Weibes zu versetzen!“ Das stimmte. Dafür konnte ich bürgen. Jetzt machte mir das Spiel langsam Spaß. Es würde einen erstklassigen Stoff für das morgige Feuilleton bieten. Dass ich nicht früher darauf gekommen war! Jetzt ging ich dem Geheimnis sozusagen beruflich auf die Spur. Bevor er auch nur sein Geschütz auf mich richten konnte, zwang ich ihn schon wieder in volle Deckung: „Und in dieser begreiflichen Aufregung…“ Ich ließ den Satz unvollendet, wartete eine Weile und fuhr fort: „Außerdem lässt sich als Außenstehender schwer etwas dazu sagen…, höchstens, - nein, das kommt auch nicht in Betracht!“
Trotz seiner temperamentvollen Antworten konnte ich nichts Näheres erkunden. Verlegen lenkte ich meine Blicke mal ins Gepäcknetz, wo ein paar zurückgelassene Apfelsinenschalen im Rhythmus schaukelten, mal hinaus, wo die Landschaft wie ein endloser Kulturfilm vorbeizog. Die Regie war schlecht, die Beleuchtung brachte das Dreidimensionale unvollkommen, die Komparserie benahm sich kindisch. Zwischen meinem Partner und mir war eine Art Waffenstillstand ausgebrochen. Er hatte sich ein wenig die Beine vertreten. Jetzt ließ er sich in die Polster sinken, und mit einer Selbstverständlichkeit nahm er den Faden wieder auf: „Wissen Sie, das Fräulein Silvia hätte ja auch ein wenig helfend einspringen können!“ – „Nun, sie hat es wohl versucht, hat sich aber durch die anfänglichen Schwierigkeiten schrecken lassen Nachher war es freilich zu spät!“ gab ich kühn zurück.
Ich bemühte mich, auch für René und jenen Mr. Dilthey ein Plädoyer zu halten, während ich bald heraus hatte, dass McSean ein ausgesprochenes Ekel sein musste. Endlich hatte die Geschichte an Plastik gewonnen. Vom Speisewagen zurückkehrend bot ich ihm eine Zigarette an und erklärte dazu: „Ich hätte mich ja niemals auf diesen McSean verlassen; dann sähe die Sache heute anders aus!“
Der Film draußen lief offenbar rückwärts: Jetzt kam die Reklame. Spare bei der Kreditkasse Hamburg. Wasche mit Lunika. Endlich setzte auch die eintönige Begleitmusik aus. Anfang. Ich musste raus.
„Adrienne war wirklich schlecht beraten mit ihm, aber nun ist nichts mehr zu ändern, oder glauben Sie, dass noch Hoffnung ist?“ fragte er mich, als er mir in den Mantel half.
Während ich die Tasche aus dem Gepäcknetz nahm, musste auch ich ihm beipflichten, dass in einer solchen Lage wohl wenig zu machen sei. Auf dem Bahnhof nickte er mir aus dem Fenster zu, dann verlor ich ihn und seine seltsame Familie aus den Augen.

Gerade schreibe ich das in die Maschine, da packt mich ein starkes Niesen. Mit einem Sprung bin ich an der Garderobe, reiße das Tüchlein aus der Manteltasche, da fällt mir ein kleines Kuvert vor die Füße – eine Visitenkarte: „Harry McSean, Schriftsteller“ – und auf der Rückseite: „Denken Sie nicht, ich sei irre. Haben Sie vielmehr Dank für Ihre ausgezeichneten Antworten. Jetzt komme ich endlich in meinem Roman weiter.“

Mittwoch, 4. Februar 2015

Unsichtbare Wesen



Unsichtbare Wesen

Guten Tag, gestatten dass ich mich Ihnen noch einmal vorstelle: Mein Name ist Robin Gettup. Ich bin Alltagsphänomenforscher, in Google vertreten und ständig auf der Suche nach Aufklärung, oder zumindest nach Mitmenschen, die unter ähnlichen Erscheinungen leiden. Der WORTWERFER hat mich für die nächsten Wochen engagiert und ich engagiere SIE! Denn vielleicht wissen Sie mehr. Dann erreichen Sie mich in Facebook unter Werner Hubertus Siegert. Heute frage ich SIE:

„Glauben Sie auch an unsichtbare Wesen?“
Mit dem Büroklammerfresser werden wir uns demnächst extra beschäftigen. Die vielfältige Zustimmung, die ich seinerzeit bekam, hat meine letzten Zweifel beseitigt: Es gibt ihn tatsächlich! Was mich jedoch umtreibt, ist, dass sich noch mehr unsichtbare Wesen in meinem Office umtreiben. Bei Ihnen auch?
Also das geht so: Eben lag noch ein Schriftstück auf meinem Schreibtisch. Ich sehe noch den Briefkopf deutlich vor mir – und auf einmal ist es weg! Einfach weg!
Jetzt beginnt natürlich die Sucherei. Das kann ja gar nicht sein: eben noch da, jetzt weg! Andere Schriftstücke, die ich zur Zeit gar nicht gebrauchen kann, liegen da und glotzen mich an. Ich wälze den Stoß Papiere um. Der Brief kann ja nicht weg sein! Er war doch eben noch da! Ich schaue unter den Schreibtisch, krieche auf dem Boden rum, finde Büroklammern, eine Visitenkarte, ein kleines Blöckchen Post-it, einen Kugelschreiber. Aber den Brief natürlich nicht. Es gibt, da muss ich mich jetzt peinlicherweise outen, noch mehr Papierstapel in meinem Office. Es gibt Körbe für Zeitungsausschnitte, für die Buchmesse, für den Weißwurst-Knigge, für Unerledigtes, für Buchungs- und Steuerkram. Kurzum: Bei uns herrscht Ordnung! Ein Griff – und die Sucherei beginnt.
Kann der Brief in die Schublade gerutscht sein? Nein, aber die muss dringend und sofort aufgeräumt werden. Was da alles drin liegt, habe ich ganz bestimmt nicht alles reingelegt.
Ich habe inzwischen auch den Papierkorb umgekippt und Schnipsel für Schnipsel und nicht Erwähnbares erneut entsorgt.
Ich vermute, in irgendeiner Ecke sitzt jetzt grinsend so ein unsichtbarer Kobold mit dem unsichtbaren Brief in der Hand und lacht sich kaputt.
Natürlich weiß ich, welchen Tipp Sie und meine Frau mir jetzt geben: „Überleg doch mal, was du davor gemacht hast! War da eine Klarsichthülle dabei, wo der Brief hineingerutscht sein könnte? Hast du ihn mitgegriffen, als du was in die Wiedervorlage gesteckt hast?“
Mitgegriffen? Heiß und kalt wird mir. Ich werde den Brief doch nicht versehentlich in einen der Briefumschläge mit hineingestopft haben, die jetzt schon frankiert im Postkorb liegen? Also alle Kuverts noch mal öffnen, durchsehen. Die Briefmarken ablösen. Neue Umschläge beschriften. Die nassen Briefmarken mit Klebe wieder drauf. Nix.
Eine schlaflose Nacht folgt. Schließlich überzeugen mich die Klar-Träume, die es ja geben soll, davon, dass genau von diesem Schriftstück mein Überleben abhängt. Ich rufe frühmorgens die Sekretärin meines Klienten an, gestehe ihr mit hochrotem Kopf, den sie gottlob nicht sieht, meine mutmaßliche Schlamperei. „Kann ja mal vorkommen; ist doch nicht so schlimm!“ gießt sie mir Seelenbalsam über mein Haupt und schickt per Fax eine Kopie.

Und welchen Schluss ziehen Sie aus der Tatsache, dass im selben Augenblick, in dem das Fax aus dem Gerät quillt, der originale Brief breit und fett auf meinem Schreibtisch liegt? Ich würde mich gern mit Ihnen über diese Begegnungen der 3. Art austauschen.
PS: Der Brief war doch nicht so wichtig. Weiß jetzt Robin Gettup

Freitag, 30. Januar 2015

Im Knick!




Im Knick!
Guten Tag, gestatten dass ich mich Ihnen vorstelle: Mein Name ist Robin Gettup. Ich bin Alltagsphänomenforscher, in Google vertreten und ständig auf der Suche nach Aufklärung, oder zumindest nach Mitmenschen, die unter ähnlichen Erscheinungen leiden. Der WORTWERFER hat mich für die nächsten Wochen engagiert und ich engagiere SIE! Denn vielleicht wissen Sie mehr. Dann erreichen Sie mich in Facebook unter Werner Hubertus Siegert. Heute frage ich SIE:

„Warum liegen eigentlich die meisten in Landkarten und Stadtplänen gesuchten Orte, Plätze und Straßen auf dem Knick?“
Das kann ja nicht nur mir so gehen, dass ich bei Schmuddelwetter in einer Gegend ohne Parkbuchten und mit ungeduldig hupenden Dränglern hinter mir im Stadtplan nach einer Straße suche, die es angeblich geben soll. Sie liegt jedoch tief verborgen im Knick, wahlweise dort, wo die Karte aufhört und erst 23 Seiten später weitergeht, aber ganz woanders, und es ist ein halber Zentimeter der Stadt verschwunden und mit ihm gerade meine Straße. Im Navi rät mir eine rauchige Stimme, ich solle wenden. Im abendlichen Stoßverkehr!
Das kann auch sehnlichst gesuchte Ortschaften betreffen. Sie liegen verborgen im Knick. Will man den Shell- oder ADAC-Atlas nicht brutal auseinanderbrechen, so dass einem die Einzelteile aufs Bremspedal rutschen, befinden sie sich in einer der größten denkbaren Region: dem Knick. Wollen die das? Gibt es da flehende Briefe an die Landkartenmaler oder Google-Überflieger, verratet um des Himmels Willen nicht, wo wir sind. Wir wollen unsere Ruhe haben. Die haben wir nur im Knick.

Vielleicht geht es aber auch ganz anders. Dass mächtige Fremdenverkehrs- und Tourismus-Direktoren mit grässlichen Sanktionen drohen für den Fall, dass ihre nach Umsatz lechzenden Wellnässen im Knick landen. So dass die anderen, die weder Vollbäder in Dunkelbier noch Gratisreisen mit Eisweinproben anbieten, in den Knick wandern? Straßen, in denen mehrheitlich Wähler einer ungeliebten Partei wohnen, werden abgestraft und in den Knick verbannt. Das haben sie nun davon.

Beantwortet nicht meine Frage: Warum nun ausgerechnet ich, immer ich, also stets ich solche Orte und Straßen aufsuchen muss, die im Knick liegen! Natürlich habe ich auch Karten ohne Knick. Um die auszubreiten, müsste mein Auto die Breite eines Gefahrguttransporters aufweisen. Ich habe mir jetzt so einen elektronischen Beifahrer mit der geheimnisvollen Stimme einer wahrscheinlich damenbärtigen Wegweiserin angeschafft. Nun droht mir neues Ungemach: Erstens wohnt sie irgendwo im Orbit an einem rätselhaften Ort namens GepeEs. Entweder liegt der im Knick, so dass er mein Auto gar nicht sieht. Oder ich bin im Knick. Dann auf einmal ist sie da, aber das Straßenbild auf dem Mäusekino dreht sich dauernd. Da wird mir schwindelig. Oder der Damenbart sagt: „Sie haben Ihr Ziel erreicht!“ Allerdings stehe ich mitten in einem Maisfeld. Sie hat auch schon mit mir geschimpft: „Das eingegebene Fahrziel ist nicht korrekt.“ Klar, weil es auf dem Knick liegt. Oder in einem gerade neu erschlossenen Neubauviertel mit ungepflasterten, pfützengefurchten Straßen ohne Schilder und mit lauter gummigestiefelten Musterhaus-Besuchern, die „tut mir sehr leid, auch nicht von hier“ sind. Zu meiner größten Überraschung traf ich dann doch einen Kranführer, der gerade Feierabend hatte und berufsmäßig den Überblick hatte: „Da vorne müssen Sie links abbiegen, die Straße heißt „Auf dem Knick“, die fahren sie ganz durch, aber weiter weiß ich auch nicht. Andere Baustelle. Irgendwie rechts oder links. Müssen Sie nochmal fragen, halt.“ Danke. Dachte ich mir schon.
Neulich hupte mich jemand an, als ich zu Fuß unterwegs war. Er fragte mich nach einer Straße. Ich war nicht von dort und bat um Verständnis. „Vermutlich liegt sie auf dem Knick!“ Er starrte mich ungläubig an und meinte: „Da kennen Sie sich aber erstaunlich gut aus hier!“
Bis demnächst mal! Ihr Robin Gettup!

Montag, 12. Januar 2015

Selbstmotivation erfordert Selbstdisziplin




Selbstmotivation erfordert Selbstdisziplin

 Wer den stärksten Motivator „Erfolgserlebnisse“ für sich erschließen will, der muss sich Ziele setzen, schrieb der WORTWERFER, alias Ziele-Siegert, im letzten Blog. Aber was für welche, auf welchen Gebieten? Und wie viele? Welcher Art?
 Ziele auf welchen Gebieten? „Wer alles erreichen will, wird als Meister des Nichts enden!“ mahnt ein weiser Spruch aus dem Orient. Also muss man sich beschränken, zumal ja die Routinearbeiten, die alltägliche Arbeitslast weiterhin bewältigt werden müssen. Die Ziele packen wir noch oben drauf? Wissen Sie, welche Bereiche, beruflich und privat, für Sie zur Zeit die wichtigsten sind? Die für Ihr Leben und Ihren Erfolg entscheidend sind? Das sind Ihre Schlüsselbereiche. Es ist der schwierigste Schritt im Rahmen einer wirklich funktionierenden Selbstmotivation, diese Schlüsselbereiche (SB) zu definieren und – unerlässlich! – aufzuschreiben. Es kommt noch schlimmer: Wählen Sie daraus die sechs schwerwiegendsten beruflichen SB und drei private SB. Die mit höchster Priorität! Ehe Sie diesen Schritt nicht bewältigt haben, kommen Sie hier nicht weiter. Beispiele finden Sie u.a. in meinem Buch „Ohne Ziele keine Treffer“ (bei Kastner, Wolnzach, 14,80 €) auf Seite 160. Schreiben Sie jeden SB auf ein separates Blatt, in Ihr Smartphone oder in das Notebook. Das ist jetzt für alle Zeit Ihr Bordbuch.

Sie haben neun SB notiert? Sollten Sie zunächst weniger SB definiert haben, ist es okay; nur mehr sollten es nicht sein. Nunmehr setzen Sie sich jede Woche für jeden SB ein Teilziel. Teilziele sind die Schritte auf dem Weg zum Endziel. Die Teilziele sollten messbar und erreichbar sein. Wer sich zu hohe Ziele setzt, wird gleich am Ende der ersten Woche frustriert. Lieber regelmäßig „Zielchen“ erreichen als scheitern.

Welcher Art sollen die Ziele sein? Es gibt nur zwei sinnvolle Ziel-Arten: Entweder zielen Sie auf den jeweils engsten Engpass oder Sie packen am wirkungsvollsten Punkt an, um eine besondere Chance zu nutzen. Alles andere ist Pillepalle.
Damit Sie Ihre Ziele und auf dem Wege dorthin Ihre Teilziele („Zielchen“) erreichen, gibt es logische Arbeitsschritte (die ihrerseits wieder Zielchen sein können): Planen, Organisieren (= Vorbereiten), Durchführen, Auswerten. Nennt man übrigens: Managen.
Jeweils am Wochenende schauen Sie sich Ihre SB-Liste an: Was haben Sie erreicht? Tusch! – kleines Erfolgserlebnis! Was haben Sie nicht oder nur zum Teil erreicht? Daraus lernen Sie! Jetzt nicht aufgeben! Bedenken Sie: Sie haben aus den Schlüsselbereichen Ihres Lebens die neun wichtigsten ausgewählt. Wenn Sie sich diesen SB nicht konsequent widmen, geht irgendwann was schief – oder sie waren nicht wichtig. Jetzt durchstarten! Jede Woche! Das ist mit Selbstdisziplin gemeint. Jede Woche neun Erfolgserlebnisse! Große, kleine! Das gibt Schwung und Power. Ihre SB kommen regelmäßig auf den Prüfstand: Genießen sie noch die höchste Priorität? Müssen sie ausgetauscht werden? Ist der Engpass beseitigt?

Life-Balance beachten!
Warum sechs berufliche und drei private SB? Wegen der Life-Balance! Ihre Familie, Partnerschaft, Fitness, Gesundheit, Ihre Hobbys bilden die Basis für Lebens- und Leistungsfreude.
Nehmen Sie sich eine Woche Zeit für die Gestaltung dieses Erfolgssystems, das hier so kurz beschrieben ist. Es bedarf reiflicher Überlegungen. Übrigens: Wenn es mal in einer Woche drunter und drüber geht, nichts läuft so, wie geplant, ist das nicht schlimm. Aufhören ist schlimm. Nächste Woche weitermachen. Und nun los!

Es gibt Unternehmen, die die SB-Methode für alle ihre Führungskräfte vorgeschrieben haben und zur Durchsetzung existentieller Ziele die ersten beiden SB einheitlich für eine gewisse Zeit definiert haben. Z.B. „Kosten sparen“ oder „Kundenorientierung“. Die Kostenspar-Kampagne erbrachte in einem mittelständischen Unternehmen über eine halbe Million Euro in einem halben Jahr. Das war das Ergebnis von rund 50 Verantwortlichen mal 25 von ihnen rapportierten Wochenzielen.
Neben dem WORTWERFER liegt sein SB-Plan. Die Wochenziele sind auf Post-it-Zetteln skizziert. Welch’ eine Freude, sie nach Erreichen vernichten zu können!

Montag, 5. Januar 2015

Selbst-Motivation – geht das?




Zunächst mal: Vermutlich am 16. April 2015 werde ich um 19:30 Uhr im Rahmen des StrategieForums im Rubenbauer-Konferenzzentrum (Münchner Hauptbahnhof) ein Referat zu diesem Thema halten. Ihre Anmeldung muss über das StrategieForum München, Herrn Hans-Werner Schönell, erfolgen. Der Termin steht noch nicht ganz fest.

Am 2. Januar wurde der Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung ganz dem Thema „Motivation“ gewidmet, nicht ohne Skepsis und das mit Recht. Natürlich überwiegend aus der Sicht eines Angestellten oder – wie man realistischerweise auch sagen müsste: eines Untergebenen. Das sind nun mal, wie die Bayern sagen, die mehreren.

„Sie müssen Ihre Leute besser motivieren!“
Diese Mahnung an Abteilungsleiter heißt unverschlüsselt: „Machen Sie denen mal Beine! Treten Sie denen mal in den Hintern, Sie Weichei!“ Aber man kann niemanden motivieren, so wenig, wie man es regnen lassen kann. Man kann nur Motive, die im Menschen angelegt sind (oder auch nicht), aktivieren. Die Quintessenz der Beiträge im SZ-Teil lautete, letztlich ginge es um mehr Geld. Damit wären wir wieder bei den Grundirrtümern der Motivations-Debatten angekommen. Stunde Null.

In fast allen Motivations-Seminaren wird der Urvater Abraham Maslow (1908 – 1970) herbei zitiert mit seiner fünfstufigen „Bedürfnispyramide“. Am Fuß dieser Pyramide geht es um die Grundbedürfnisse, die ein Mensch unbedingt stillen müsse: Essen, Trinken, Schlafen, Wohnen. Wenn dafür genug gesorgt sei, strebe der Mensch danach, dies für die Zukunft abzusichern (2. Stufe: Sicherheit). Ist ihm dies gelungen, erwache in ihm das Motiv nach einem Platz in einer Gemeinschaft (3. Stufe: Soziale Bedürfnisse). Der aber genüge ihm bald nicht mehr: Er möchte in dieser Gemeinschaft besonders geachtet werden. Der Beste sein, eine Führungsposition einnehmen, sich auszeichnen, Prestige erwerben (4. Stufe: Macht, Rang). Dort, in einer Spitzenposition angekommen, könne er sich als höchstes Motiv leisten, sich selbst zu verwirklichen. Das alles ist leicht zu verstehen, aber auch falsch. Unzweifelhaft gibt es diese Motive menschlichen Handelns, aber jeder Mensch hat zu jeder Zeit alle diese Motive gleichzeitig. Auch in einer Gruppe hungernder Flüchtlinge bilden sich Hackordnungen und inoffizielle Führungsstrukturen, was es nach der veralteten Maslow-Deutung gar nicht geben dürfe. Jeder Mensch tendiert dazu, seine Leistung dort zu maximieren, wo er die Maslow-Motive optimal ausleben kann. Das kann im Unternehmen sein, aber auch draußen, im Motorrad-Club, im Schrebergarten, als Sportler. Viele Führungskräfte würden vor Neid erblassen, würden sie erleben, was für Spitzenleistungen ihre „Lahmärsche“ in der Freizeit erbringen. Das hat mit Geld überhaupt nichts zu tun.

Frederick Herzberg (1923 – 2000) war der Nächste, der die Motivations-Psychologie wesentlich bereichert hat. Er unterschied zwischen „Hygienefaktoren“, die nur motivieren, wenn sie in genügender Weise realisiert sind (z.B. faire Bezahlung, sauberer Arbeitsplatz, gutes Betriebsklima), aber in starkem Maße demotivieren, wenn sie ungenügend oder gar nicht verwirklicht sind. Zudem schwächt sich ihre Wirkung schnell ab, wenn z.B. der saubere Arbeitsplatz, das gute Kantinenessen zur Selbstverständlichkeit geworden sind. Unter „Motivatoren“ rangieren bei ihm an höchster Stelle „Erfolgserlebnisse“, es folgen „Anerkennung“, „Selbstverantwortung“, „interessante Tätigkeit“, „Mitglied sein in einer erfolgreichen Gruppe“. Wenn der Mensch diese Faktoren verwirklicht sieht, dann „geht die Post ab“. Von Geld ist keine Rede. Geld motiviert als Erfolgsnachweis, nicht als Lohn, sondern als Belohnung.
Der WORTWERFER hat in seinen vielen Buchkapiteln, Artikel und Vorträgen den Begriff „Begeisterung“ in die Debatte geworfen. Ersetzen Sie die Vokabel „Motivieren“ durch „Begeisterung wecken“ oder „Ansporn setzen“.

Und nun zum Thema, zur Selbst-Motivation. Hierzu bedarf es nur des höchsten Motivators nach Herzberg: Wir brauchen Erfolgserlebnisse. Oder wie der Engländer sagt: Nothing succeeds like success! Nichts macht so erfolgreich wie der Erfolg selbst. Was aber verstehen wir unter „Erfolg“? Richtig – ein erreichtes Ziel! Anders als beim Führen in Organisation, das nach des WORTWERFERS Definition erfordert, Mitarbeiter zu Erfolgen und zur Selbstentwicklung kommen lassen, müssen wir bei der Selbst-Motivation uns selber Ziele setzen – und auch erreichen.
Wieviele Ziele denn? Wieviele können wir uns zumuten? Und welche sind lohnend? Erfolgversprechend? Und wie können wir sie auch tatsächlich erreichen? Was sind Engpass-Beseitigungsziele? Was Chancen-Nutzungsziele? Management-by-Objectives auch im persönlichen Bereich? Dazu mehr im nächsten Blog! verspricht der WORTWERFER, alias Ziele-Siegert.