Dienstag, 11. August 2015

Die Hohe Schule des kreativen Schreibens




Die Hohe Schule des kreativen Schreibens

Diesmal fordert das Thema alles vom WORTWERFER, und zwar soviel, dass er selbst nicht in der Lage wäre, den ausbedungenen Ansprüchen zu genügen.

Es geht um eine ganz spezielle Hohe Schule kreativen Schreibens, nämlich das Texten von Sommerschlussverkauf-Katalogen. Also von Katalogen, in denen all die Ware angepriesen werden muss, die bisher von potenziellen Käufern geschmäht wurde. Und zwar in den höchsten Tönen, getrieben geradezu von lärmendem Unverständnis, weshalb diese federleichte, superbequeme, superleichte mit Regenschutz und Klimakomfort ausgestattete Ware von hohem Freizeitwert mit einzigartigem Kühlungskomfort durch Powerfasern nunmehr zu SSV-Preisen nochmals angepriesen werden muss. Sozusagen Perlen vor die renitenten Kunden werfen.

Der WORTWERFER hat nur mal einen Moment versucht, sich in die Lage des kreativen Texters zu versetzen, der all diese Hymnen zu verfassen hat. Im Geist verfolgt er diesen armen Kerl oder sei es eine beflissene Texterin, wie er oder sie an den noch üppig gefüllten Regalfächern zusammen mit den Lagerarbeitenden entlang schreitet, um sie zu interviewen. „Warum müssten eigentlich unsere Kunden darauf brennen, gerade diese Badehose zu kaufen? Wie kann ich ihre Vorzüge richtig zur Geltung bringen?“ „Nun, sie ist hautfreundlich, schnelltrocknend, anschmiegsam!“ „Hat sie besonders modischen Schick?“ „Modisch? Nein, sie ist eher retro im Schritt, nein, ich meine im Schnitt, mit den seitlichen Kontrast-Paspelierungen und elastischem Softbund mit Kordelzug. Damit macht man am Strand und am Pool eine gute Figur!“ Supertext. „Aber mal unter uns, ganz im Vertrauen: Ich würde mir diese Lachnummer nicht kaufen!“ Schnappatmen. Gehen wir heldenhaft weiter zum nächsten Regal mit der ultraleichten, schattenspendenden Kappe mit hervorragendem Sonnenschutzfaktor … und weiter … und weiter ….Es müssen noch über 120 Artikel so angedichtet werden, dass Frau oder Mann begeistert zum Telefon greifen.

Das, meine lieben Leserinnen und Leser, erfordert eine ganz andere Klasse von Hoher Schule des kreativen Schreibens. Solche Kräfte werden wohl bei Werbe-Agenturen geradezu als Stars angehimmelt*. Fordert Sie, die Autoren, so eine Aufgabe nicht mehr heraus als die weltweit noch nie geschilderte Art, jemanden umzubringen und dabei über 560 Seiten den pfiffigsten Kommissaren auf der Nase herumzutanzen, unterbrochen von Sex- und Saufszenen mit mafiösem Lokalkolorit? Wahlweise eine ganz neue Galaxis zu erfinden mit gruseligen Monstern, die einer blonden Unschuld nach dem Jungfernhäutchen trachten.

Da ist ein maritimes Poloshirt mit Brusttasche und Zierstickerei, wunderbar glatt, weich, langlebig, formtreu, temperaturausgleichend in kombistarkem Weiß oder Rot, hochwertige Interlock-Qualität, Knopfleiste mit Kontrastverarbeitung, besticktem Ärmelbesatz und Seitenschlitzen, mit fleckabweisendem Lotuseffekt, selbstverständlich maschinenwaschbar, eine ganz andere Herausforderung. In dieser Ausführlichkeit nur annähernd von Martin Walser erreicht, der ein solches achtlos zur Seite geschleudertes Gewand über der lilagestreiften Ottomane in einem von kleingeblümter Tapete beherrschten Vestibül feinsinnig ortet, und so den Blick vom abgetretenen, stellenweise sogar bereits in zerfaserten Fäden zerschlissenen Teppich ablenkt (stark gekürzt).

Wobei der SSV-Katalog-Poet das Bruttosozialprodukt wahrscheinlich wirksamer steigert als ein auf einer Möhre rumkauender, Ideen erflehender eBookler. Vermutet neidvoll der WORTWERFER, der den Sirenenstimmen der kreativen Anpreiserinnen kaum zu widerstehen vermag, zumal es ja noch eine Gratis-LED-Taschenlampe mit 300 m gebündeltem Strahl, Nasa geprüft, Batterien incl., dazu gibt. Nicht auszudenken, man könnte so einen Katalog-Super-Fuzzy mal für den Klappentext eigener Werke gewinnen.
*) Höre gerade, dass mit Vorliebe unbezahlte Praktikanten in diese Hölle geschickt werden.

Mittwoch, 5. August 2015

Von Zwangsneurose befallen?




Von Zwangsneurose befallen?

Eine Zwangsneurose, so hat sich der WORTWERFER belehren lassen, ist eine innere Nötigung zur Durchführung gewisser objektiv sinnloser, zweckloser, in ihrem Ablauf meist streng ritualistisch geregelter Handlungen und Denkbewegungen. Mein Bloggen geht vielleicht in diese Richtung.

Ich wüsste allerdings nicht, auf welche aller männlichen Handlungen diese Definition so akkurat zugeschneidert wäre, wie auf jenen Drang, der jeden Freiberufler mindestens einmal im Jahr dazu bewegt, seinen Schreibtisch aufzuräumen. Dieses Reservat, das selbst im gründlichsten Frühjahrsputz eine Enklave peinlich gehüteter Anarchie darstellt, wird plötzlich aus heiterem Himmel der Schauplatz einer Katastrophe, ja,  es hat schon viel Ähnlichkeit mit einem Erdbeben.

Meist beginnt es damit, dass man etwas sucht. Zum Beispiel einen Brief oder einen Verlagsvertrag. Das ist allein wäre nur ein mittelschweres Problem. Nach einer Stunde hat man die Aktenberge soweit umgegraben, dass man dabei viele andere verschollen geglaubte Schriftstücke zu Tage gefördert hat – den Vertragsverlag allerdings noch nicht. Jetzt fehlt jedoch auch noch der dunkelblaue Taschenrechner, der einzige, mit dem man auf einen Klick DM in € und umgekehrt berechnen kann. Das ginge auch mit den vielen anderen Taschenrechnern in der Schublade, aber nicht mit einem Klick. Der hat doch immer in dieser Schublade gelegen. Schließlich wurde er dort noch vor Kurzem gesehen. Er muss dort sein. Also wird ausgeräumt. Ein alter ehrwürdiger Rechenschieber, vergilbte Tesarollen, zahllose Kugelschreiber, Radiergummi, Büroklammern für alle Papierstärken, Bleistifte, Spitzer, Anstecknadeln, Brillenputztücher, ausgetrocknete Reklame-Markierstifte in allen Farben in einem schönen Etui, Erinnerung an irgendeine Messe. Sogar noch ein leeres Tintenfass. Aber nicht der dunkelblaue €/DM-Rechner. Am besten ist es, man kippt die ganze Schublade aus und ordnet sie von Grund auf völlig neu. Die Bleistifte müssen gespitzt, die Kugelschreiber auf ihre Kugelschreibe hin geprüft werden. Ordnung ist, wenn jedes Ding an seinem Platz ist, der Platz dafür der richtige – und sich das Ding immer an diesem Platz befindet. Wer diese Definition definiert hat, stand wahrscheinlich noch nie vor der komplexen Herausforderung, eine Schreibtischschublade (wahlweise eine Damenhandtasche) zu ordnen.

Ach so – der Verlagsvertrag! Es hilft wohl alles nichts, der Bazillus greift nun vom Schreibtischgewühle jetzt auch auf die Aktenschränke über. Auf dem Tisch mischen sich Utensilien mit Dokumenten, und zwar ziemlich neue und solche mit DM-Beträgen und Schreibmaschinenschrift sowie Durchschlägen mit Kohlepapier. Die Beträge könnte man jetzt mit einem Klick umrechnen, wenn …. Und der Verlagsvertrag ist definitiv nicht in diesem Aktenschrank. Das heißt, dass das ganze Büro mal gründlich umgekrempelt werden müsste. So kann es ja nicht weitergehen.

Jetzt ist jeder Zweifel beseitigt: Mich hat eine Zwangsneurose befallen, eine Art Waschzwang, ein Fetzen nicht bewältigter Grundschuljahre aus jenen Tagen, da ich den Start in ein neues Schuljahr nur mit Mamas Hilfe in letzter Minute hin bekommen habe mit gespitzten Griffeln, sauberem Tafellappen, rot leuchtendem Schwämmchen und fettfreier Schiefertafel. Heute sieht es jedoch in den gigantischen Schulranzen meiner Enkel ebenso aus wie in meinem Büro. Man findet so gut wie nichts – außer Papas dunkelblauen Taschenrechner, aber natürlich nicht den Verlagsvertrag. „So was speichert man doch heute im Computer!“ weiß der Junior. Nickend  erinnere ich mich daran, dass es ihn auf Papier vermutlich noch nie gab, sondern nur als Mail, gespeichert im PC. Oder gelöscht. Weil man ja auch im Computer immer mal wieder die Platte putzen muss. Aber das mit dem Büro aufräumen, hätte man sich wirklich sparen können.

Wahrscheinlich macht der WORTWERFER auch beim Worte werfen alles falsch, weil er keine klare Linie einhält, nur ein Sammelsurium von irgendwelchen Themen. Vielleicht müsste da mal aufgeräumt werden. Sobald die nächste Neurose vorbei kommt.

Mittwoch, 29. Juli 2015

Am deutschen Wesen?




Am deutschen Wesen?

Da bin ich wieder, der WORTWERFER, nach langer Zeit. Ich werde ja auch der „Ziele-Siegert“ genannt, weil ich mich in meiner Unternehmenspraxis, bei meinen Beratungen, Trainings und Coaching schwerpunktmäßig auf das Definieren und Erreichen lohnender Ziele konzentriert hatte – und habe.

Erfolgserlebnisse sind der höchste Motivator (nach Herzberg). Erfolgserlebnisse sind erreichte Ziele. Ohne Ziele – keine Treffer – keine Erfolgserlebnisse. Diese Grundregel habe ich auch in meinen diversen Fachbüchern vertieft (www.ziele-siegert.de).

Was sind das für Ziele? Für mich als Dipl.Kfm. und Dr. rer. pol. mit einem protestantisch-preußischen Vater war das eigentlich nie eine Frage. Ziele, das ist unternehmerischer, wirtschaftlicher, beruflicher Erfolg, messbar letztlich in Geld. Oder in allem, was man sich für Geld leisten kann.

Griechenland brachte das Gerüst ins Wanken. Immer häufiger diskutieren wir in privaten Kreisen, im PresseClub, im Biergarten auf „europäischer Ebene“: Haben eigentlich alle Europäer wenigstens ungefähr die gleichen Ziele? Gibt es landestypische Lebensziele? Für uns Deutsche war klar: Haus, Auto, Segelboot, Pferde, Oper, Festspiele, weite Reisen. Um das zu erreichen, arbeiten wir fleißig und effizient. Symbol: das Laufrad!

Für die Franzosen sieht das schon anders aus: Der Genuss, das Essen, der Wein, angeblich die Liebe stehen im Fadenkreuz. In einem kleinen, vertrauten, wenig bekannten Restaurant gut, ausgiebig, in Ruhe essen und trinken.

Für den Italiener, wenn es ihn gibt, und die Italienerin ist die Piazza die Bühne des Lebens. Dort spielt sich das Leben ab. Dort möchte man sich in Grandezza präsentieren, elegant und stilvoll gekleidet. Vor dem Publikum, das dort den Espresso oder Cappuccino nimmt.

Und nun der Grieche! Mit der deutschen Efficiency (man mag mir dieses Neudeutsch verzeihen) haben sie nichts am Strohhut. Wozu? Braucht’s das zum Glücklichsein? Oder doch mehr Muße, um im Schatten vor der Taverne über den Sinn des Lebens nachzudenken und den Schiffen, den teuren weißen Yachten nachzuschauen, die reinkommen und hinausfahren. Die bringen das Geld.

Alles sehr holzschnitthaft. Hier werden Klischees nachgezeichnet. Zugegeben. Deshalb falsch? Glauben wir tatsächlich, den Franzosen, den Italienern und Griechen das deutsche Laufrad exportieren zu können? Wir haben die Spanier, Portugiesen und andere noch gar nicht in unsere Kreise aufgenommen. Natürlich reden wir uns damit raus: Von nichts kommt nichts. Einer muss das Geld verdienen, muss für Qualität, für Ordnung und Infrastrukturen sorgen. Aber gleich so total?

Warum reisen Deutsche so gern nach Italien? Nach Griechenland? Nach Spanien? Nach Frankreich? Nur der Sonne wegen? Am deutschen Wesen wollen wir selbst nicht so recht genesen.

Aber das hat durchaus ernste Folgen: Daraus erwächst kein europäisches Bewusstsein, nicht der Stolz, ein Europäer zu sein. Diese Zeiten sind vorbei. Vergangene Jahrhunderte waren viel europäischer. Die Musik war grenzenlos. Europäische Parkanlagen entstanden in Wörlitz, in Muskau, in Sanssouci,  in Paris, in England. Baustile – europäisch! Literatur kennt keine Grenzen! Und dann preschen die Deutschen davon. Schneller, effizienter, rationeller, zeitsparender, Output, Output, Output! Alles im DIN-Format.

„Atala arbeitet bei Citroën.“ Mit diesem schlichten Satz eröffnete Jean Fourastië einen Vortrag über die Unbeliebtheit des Unternehmers. Atala ist eine Halbindianerin, die zentrale Figur in einem Roman von Chateaubriand. In seiner These nimmt Fourastië Atala als Gastarbeiterin mit nach Europa. Wird Atala dort glücklich? Absolut nicht; denn sie muss den größten Teil ihres Lebensgefühls, der Farben und Melodien, der Vogelstimmen und Düfte ihrer Heimat an der Garderobe abgeben, wenn sie bei Citroën (als Prototyp des Industriebetriebs) arbeiten will. Sie muss rechteckig, diszipliniert funktionieren. Weshalb soll sie den Unternehmer lieben? Wegen des Lohns, den sie erhält – als Schmerzensgeld?

So wie Atala geht es vielen Europäern, wenn sie am deutschen Wesen genesen sollen. Sie sehen vielleicht ein, dass sie im globalen Konkurrenzkampf bestehen müssten. Aber Freude kommt dabei nicht auf. Und es lebt sich besser mit einem Sündenbock namens Schäuble – noch dazu ein Schwabe mit dem typischen Lebensziel „Spare, spare, Häusle baue!“

Samstag, 20. Juni 2015

Hilfe! Zuviele Bücher verfasst!




Hilfe! Zuviele Bücher verfasst!

Zur Zeit sind 40 Bücher von mir im Handel als Print- oder Electronic-Books erhältlich. 13 Sachbücher, 7 Fachbücher, 11 Krimis, 8 Romane, 1 Kinderbuch. Das ist eine Katastrophe!
Wieso, fragt der WORTWERFER überrascht?
Weil man sich um so viele Titel gar nicht kümmern kann. Denn die Verlage machen nichts. Keine Promotion, kein Marketing. Sie pushen nur Selbstläufer von Promis, von Sex- und Kochbüchern. Und – zugegeben - von Spitzenautoren. Dazu zähle ich mich nicht.
Also müsste man für jedes eigene Buch selber Marketing betreiben. Das geht bei 40 Büchern nicht.
Man muss besondere Chancen nutzen, auch wenn der Zug eigentlich schon abgefahren ist. Kürzlich war im wunderschönen Voralpendorf Krün Barack Obama nebst unserer Bundeskanzlerin zu Gast. Man servierte ihnen Weißwürste und versuchte dem Präsidenten beizubringen, wie man eine Weißwurst isst. Schade, dass ich nicht früher davon erfahren habe; denn dann hätte ich auf eigene Kosten ein paar Exemplare meines kabarettistischen Ratgebers hingeschickt: „Der kleine, aber absolut unentbehrliche Weißwurstknigge“ (bei Literareon, München), den es auf Deutsch, Englisch und Japanisch gibt. Was tun? Jetzt schicke ich Exemplare nach Washington, Berlin und Krün. Lohnt sich das? N e i n ! Denn ich verdiene an jedem verkauften Stück gerade mal 10 Cent vor Steuern. Kleinvieh? Image?

„Das Vorlesebuch für Demenzkranke“ (Shaker-Media, Aachen, print u. eBook) bringt zur Zeit relativ die höchsten Einnahmen – gesetzt den Fall, ich verschicke viele, viele Briefe und teure Flyer an Adressen, die sich um Demenz-Patienten kümmern, oder Kongresse zum Thema. Ohne diese Briefe tendiert der Umsatz gegen Null.

Mein bester Roman „Das herbstrote Blatt“ (Shaker-Media, Aachen, print u. eBook) ist bestens rezensiert und begeistert die leider ganz wenigen Leserinnen und Leser. Das war’s dann auch.

Unser Sachbuch „Supermacht Frau / Sind die Männer noch zu retten?“ (Amalthea/Signum, Wien-München) ist hochaktuell – aber leider so gut wie unbekannt. Darin stecken 11 Jahre Recherche, Lektorat und stilistische Feinarbeit. Ich verschicke Flyer und Briefe an einschlägige Medien. Lohnt sich das? Nein! Wenn man nicht Professor oder Promi ist, landen die Exemplare vermutlich im Papierkorb. Das Gleiche gilt für das alarmierende Buch „Supermacht Kids / Lassen wir uns unsere Kultur kaputt machen?“ (Amalthea-Signum, Wien – München). Darin geht es u.a. um das Ende unserer Sprache und Werte.

„Heikle Führungssituationen – und wie man sie meistert“, „Ohne Ziele – keine Treffer!“, „Wie führe ich meinen Vorgesetzten?“ – ein paar Fachbuch-Titel. Ich kann so gut wie nichts dafür tun. Das ist, als ob man sich um seine Kinder nicht mehr kümmern kann.

„RISS oder ROSE? Wie sich Beziehungen nach dem Arbeitsleben ändern“ (jetzt bei Kastner, Wolnzach bezw. Amazon als eBook) befasst sich mit einem brennenden Problem. Ehen zerbrechen, Suicide häufen sich, Drogen, Alkohol, Gammeln – oder man findet zur einer neuen Liebeskultur. Der Reinerlös fließt in eine Stiftung zur Förderung der Krebsforschung.

Es befinden sich noch mindestens 5 Titel „in der Pipeline“, 2. Sachbuch-Auflagen, fertige Roman-Manuskripte, Kurzgeschichten-Sammlungen („Liebestöter“), die zu überarbeiten sind. Angefangene Drehbücher für Verfilmungen? Macht es noch Sinn? fragt der WORTWERFER? Was tun?

Freitag, 17. April 2015

Machen Sie Demenz-Kranke zu Experten!




Machen Sie Demenz-Kranke zu Experten!
Ja – geht’s noch?

Ja, oft geht es noch, weiß der WORTWERFER. Und es gibt ihnen ein bisschen Würde zurück! Wissen Sie noch, was eine Bahnsteigkarte ist? Eine Kreiselpeitsche? Ein Care-Paket? Eine Kaffeehaube? Sie vielleicht nicht mehr, aber viele Demenzpatienten sind stolz, es Ihnen ausführlich erklären zu können.

Hochbetagte Menschen verblüffen uns oft damit, dass sie lange Gedichte, Lieder mit vielen Strophen singen können. Das Gehirn funktioniert wie ein Speicher, der zeitlebens befüllt und später Stück für Stück leer geräumt wird. In der Wirtschaft nennt man das "first in, last out". Der erste Schultag, der erste Liebesbrief, der erste Kuss, einprägsame Ereignisse aus der Kinderzeit, diese Erinnerungen lassen auf einmal alles, was damit im Gehirn noch vernetzt ist, wieder aufleben. Behutsam kann man versuchen herauszufinden, bis wie weit der Erinnerungs-Horizont in die "jüngeren" Jahre reicht. Vorlesen macht Demenzkranke und ihre Betreuer glücklich.

Die Stationsleiterin eines Pflegeheims für Demenzkranke bat meine Mitautorin Ingrid Schumacher und mich, für ihre Patienten kurze Geschichten zum Vorlesen zu verfassen, die in ihnen Spuren der Erinnerung wecken könnten. Im direkten Kontakt mit den Patientinnen und Patienten konnten wir herausfinden, bei welchen Texten ihre Augen zu leuchten begannen und sie selber Anteil nahmen. Daraus ist unser „Vorlesebuch für Demenzkranke“ mit 45 Geschichten aus diversen Erlebnisbereichen entstanden. Schon bei den ersten fünf bis zehn Zeilen sieht man es ihnen an, wie sie innerlich berührt werden. Um sie zu wecken, muss man allerdings langsam und sehr betont lesen und sie anschauen. Das verstehen wir unter therapeutischem Lesen.

Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass dann, wenn eine Geschichte „gezündet“ hat, der Patient oder die Patientin selber anfängt zu erzählen, vielleicht sogar zu singen. Es gibt Lieblingsgeschichten, an die Patienten sich noch nach Wochen erinnern, ja, sogar an einzelne Personen darin. Mit diesen Geschichten kann man ihnen immer wieder Freude bereiten.

Einen besonderen Dank widmet der WORTWERFER den Therapeutinnen und Therapeuten, die uns bei unserer Arbeit beraten haben. Auch im Namen meiner inzwischen verstorbenen Mitautorin Ingrid Schumacher.

„Das Vorlesebuch für Demenzkranke / 45 Geschichten aus der Welt der Erinnerungen“, Shaker-Media-Verlag, Aachen 2012, 14,90 €. Im Buchhandel oder direkt beim Verlag.


Montag, 6. April 2015

Authenzität – die neue Sau!




Authenzität – die neue Sau!

Die neueste Gallup-Studie mit noch mal schlechteren „Führungszeugnissen“ für deutsche Chefs hat offenbar wie das Stochern in einem Ameisenhaufen gewirkt. Nun tauchen überall neue Führungstipps auf. Mit Sicherheit gibt es bald Masterkurse für Authenzität. Die Trainer-Industrie wird sich nicht lumpen lassen. Man kann wieder eine neue Sau durch Management-Country treiben. Von AUDI berichtet die SZ vom Samstag, man veranstalte dazu Führungs-Seminare. Toll! meint der WORTWERFER.

Ein Vorteil, wenn er denn wahrgenommen würde: Man kann auf mindestens 30 Jahre alte und bewährte Unterlagen zurückgreifen. Außerdem ist der Begriff der Authenzität dank Wikipedia gut definiert. Was Unternehmensberatungen und Trainer nicht daran hindern wird, noch viel tiefgehendere Definitionen zu definieren. Professoren können wieder Diplomarbeiten oder gar Dissertationen vergeben. Man kann alles durch Überperfektionierung bis zur Unkenntlichkeit zerbröseln. Das ersetzt die Anwendung.

Authentisch wirkt ein Mensch, wenn er sich zu seiner Persönlichkeitsstruktur bekennt und nicht ein anderer sein will, als er ist. War bisher Kerninhalt bei jedem Kommunikations-Training vom WORTWERFER.

Zwei authentische Vorfälle aus meiner Praxis: Ein alter Haudegen im Verkauf von Möbeln bei Händlern hatte sein Pensionsalter erreicht und musste nun den Nachfolger Jung einarbeiten. Nach dem Motto: „Vergiss alles, was du in Kursen gelernt hast. Jetzt zeige ich dir mal, wie man Aufträge schreibt.“ Nennen wir ihn Schulz und den nicht wesentlich jüngeren Einkäufer der Möbelkette Krämer. Die Szene: Schulz trifft den Krämer schon auf dem Flur, haut ihm auf die Schulter „Na Krämer, du alte Sau, wie geht es dir? Das hier ist mein Nachfolger, der Herr Jung. Der muss noch viel lernen. Hast du schon wieder neue Playboy-Witze auf Lager? … Krämer und Schulz sprechen über alles, Zoten, Fußball, Weiber – nur nicht über Möbel. Dafür hat Schulz schon eine Bestellliste ausgefertigt, die er dem Krämer rüberschiebt. „Da, unterschreib’ mal. Du kannst dich auf den alten Schulz verlassen und willst mir sicher einen schönen Abgang verschaffen!“ Und so geschieht es.
Als Jung ein paar Wochen später „den Schulz gibt“ und Krämer Schweine-Witze erzählt, eine Bestellliste in der Hand hält, geht natürlich alles den Bach runter.
Der andere Fall: Ein Bekannter nimmt an einem Verkäufertraining teil. Er wirkt in der Folgezeit völlig verändert: Auftreten, Kleidung, Frisur, Sprechweise. Ich kenne ihn nicht wieder. Seine bisherigen Kunden allerdings auch nicht. Statt besser zu werden, scheitert er und wird bald darauf entlassen.

Wer seine Authenzität verleugnet, sich verstellt, nicht mehr „ganz er selbst ist“,  wie es im Biostrukturanalyse-Training heißt, scheitert. Er scheitert auch als Führungskraft, obwohl er über Macht verfügt. Er gilt als „falscher Fuffziger“. „Man weiß bei ihm/ihr nie, wo man dran ist!“ „Hier markiert er den starken Mann; dabei ist er ein Kriecher!“ „Sie glaubt, sie müsse führen wie ein Mann …“.

Wie gesagt: Das ist alles nichts Neues. Vermutlich mehr als 2000 Jahre alt. Aber wer ist man denn – und wenn ja, wie viele? Es gibt einige aussagekräftige Persönlichkeitsstruktur-Analysen, die einem verraten, welche Stärken und Talente die Gene, die frühkindliche Prägung und die Erziehung einem geschenkt und vermittelt haben. Und was einem weniger gut liegt und gelingt. Die Stärken zugunsten der Mitarbeiter und Kunden einzusetzen, muss das Ziel sein. An den Schwächen zu arbeiten und sich deren bewusst zu sein, ist Verpflichtung. Kann man buchen. Der WORTWERFER kennt auch gute Adressen.

Aber der WORTWERFER kennt auch Firmen, insbesondere Consultants, bei denen schon das Vorstellungsgespräch ein Verstellungsgespräch sein sollte, will man Erfolg haben. Authenzität wird gegen Company-Design ausgetauscht. Und auch in manchen Schulen wird Authenzität nicht gerade gut benotet. „Wartet nur, wir kriegen euch schon noch klein!“ war lange Zeit ein pädagogisches Credo. Nicht ohne Grund haben sehr viele sehr erfolgreiche Unternehmer „die Schule geschmissen“!

Samstag, 21. März 2015

Konzentrieren – leicht gemacht!



 Konzentrieren – leicht gemacht!


Der SPIEGEL hat in seiner Nr. 11/2015 auf dem Titelbild mit dem Thema aufgemacht
„K o n t r e n z i e r  d i c h !
auf einer ansonsten gelben Fläche. Also im Zentrum. Auf den ersten Blick war man irritiert; denn das Gehirn der meisten Leser hat den Fehler so schnell korrigiert, dass er ihnen zunächst gar nicht aufgefallen ist. Die Titelgeschichte bietet ein Sammelsurium an wissenschaftlichen Erklärungen und Rezepten, wie man sich besser konzentrieren kann.
Erstaunlich ist, dass eine Methode gar nicht in Erwägung gezogen wurde, obwohl sie mit dem Wort
„K o n z e n t r a t i o n“
sozusagen mitgeliefert wird. Es gibt also ein Z e n t r u m , dem unsere Aufmerksamkeit zu gelten hat. Dieses Zentrum ist der Gegenstand unseres Handelns, unseres Nachdenkens und Lernens, und von dem wir uns bitte nicht ablenken lassen sollen. Dass jedoch Ablenkung eine sehr natürliche Reaktion, sozusagen ein Fluchtweg unserer (bei den meisten Menschen) linken Gehirnhälfte ist, wird im SPIEGEL-Beitrag nur umschrieben. Die linke Gehirnhälfte verbraucht sehr viel Energie – ja, tatsächlich Gehirnstrom. Das merkt jeder, der einen schwierigen Text lesen oder ihn aufnehmen muss, oder der eine schwierige, abstrakte Aufgabe lösen muss, und vielleicht sogar müde ist. Schon nach kurzer Zeit kommt es zu kurzen „Tagträumen“. Wir sind kurz mal nicht bei der Sache. Es herrscht kurz mal Stromsperre. Dann immer häufiger. Nach dem Versuch, ca. 45 Minuten konzentriert einer geistigen Aufgabe nachzugehen (mit x-mal kurz Weggetreten) suchen wir meist auch einen körperlichen Fluchtweg: einen Kaffee zubereiten, die Emails auf dem Smartphone anschauen, mal telefonieren, mal vom Schreibtisch aufzustehen, sich recken, eine manuelle Tätigkeit ausführen, und wenn es Schreibtischaufräumen ist. Es ist Zeit, Pause zu machen, um den Stromspeicher wieder aufzufüllen wie z.B. auch beim Handy. Wir wechseln in die rechte Gehirnhälfte, die ganz wenig Strom verbraucht. Schließlich gucken wir stundenlang Fernsehen, fast ohne zu ermüden. Oder hören Musik. Oder essen was.

Was hat es mit der Vorsilbe „c o n“ auf sich? Con heißt „zusammen“, aus mehreren Richtungen auf eine Tätigkeit, auf Ziel gerichtet sein. Con-zentrieren heißt, sich aus mehreren Richtungen, mit mehreren Mitteln auf das Zentrum zu zu bewegen. Was sagt uns das? Auf einem einzigen linearen Pfad stur „im stillen Kämmerlein“ auf unser Lern- und Arbeitsziel zuzusteuern, ist das Gegenteil von konzentrieren. Je mehr Zugangswege, Hilfsmittel, Ratgeber wir aktivieren, um die zentrale Aufgabe zu lösen, desto stärker – und gehirngerechter! – konzentrieren wir uns. Wir überlisten unser Gehirn, indem wir auch die Ablenkungen auf das Ziel lenken.

Als einer unserer Söhne sich auf eine Schulaufgabe über die Ente vorbereiten musste, versuchte er, das Kapitel aus dem Schulbuch auswendig zu lernen. Er verzweifelte und wollte lieber spielen. Unweit war ein Teich. Wir nahmen ein Fernglas und eine Kamera mit und beobachteten eine halbe Stunde Enten, bunte und braune, kleine und große. Zuhause nahmen wir statt des Schulbuchs den „Großen Brehm“ und ein Kosmos-Buch zur Hand. Jetzt erwachte in unserm Sohn der Forscherdrang. Die Wörter füllten sich mit Bildern und Erlebnissen. Übrigens: Genau das meint BILDung = Bilder sammeln im Gehirn. Kurz und gut: Wir konzentrierten uns ganz auf die Ente und die Enten. Die Schulaufgabe wurde erstklassig bewältigt.

Versuchen Sie also, wenn es Ihnen schwer fällt, sich zu konzentrieren, auf möglichst vielen Wegen die Aufgabe zu meistern. Manche würde sagen: Aber das ist doch Zerstreuung! Ja – aber zielgerichtete! Leider ist es oft nicht so leicht, sich auf diese Weise zu konzentrieren, zum Beispiel bei der Steuererklärung. Aber Pausen machen hilft, weiß der WORTWERFER.