„Komplexes in kleinen
Portionen / Eigenständige Teams, viel Feedback, kurze Arbeitszyklen – das ist
Scrum, die bekannteste agile Entwicklungsmethode für Software. Im Zentrum steht
der Scrum-Master, ein Menschenkenner und Motivator …“ so lautete die
Überschrift eines umfangreichen Artikels in der Beilage „Beruf und Karriere“
der Süddeutschen Zeitung. Zusammenfassend wird Scrum als „Verfahren zur Prozess- und Zeitoptimierung“ gepriesen, die
komplexe Projekte so strukturiert, dass sie schrittweise erledigt werden
können. „Jede Aufgabe wird in kleine
Häppchen unterteilt, wobei jedes fertige Stück Software eine in sich
abgeschlossene Einheit bildet.“
Toll, dass man erst jetzt eine so erfolgversprechende
Methode entdeckt. Die müsste sich doch super für ein so wahnsinnig komplexes
Unterfangen wie den Bau eines großen Projektes eignen, nehmen wir mal an – einer
Herzklinik in Nordrhein-Westfalen. Da war doch schon was? Der WORTWERFER erinnert
sich:
Der erste Spatenstich zum Herzzentrum in Bad Oeynhausen
geschah im Oktober 1981. Geplant war eine Bauzeit von 57 Monaten. Man rechnete mit rund 140 Mio. DM Baukosten. Aber es kam anders; denn mit kybernetischem
Bau-Management gelang es, das Bauwerk bereits in 37 Monaten fertig zu stellen, also 20 Monate früher, und zu 116
Mio DM. Fast 20 Prozent wurden eingespart, nicht gerechnet, dass bereits im
November 1984 die erste OP durchgeführt werden konnte. Wie geht denn das? Obwohl
es doch noch gar kein Scrum gab? In der Tat war „jedes kleine Häppchen“, also
z.B. der Einbau eines Fensters, eine abgeschlossene managementmäßige Leistung,
die alle Management-Phasen durchlief: Zielsetzung – Planung – Organisation –
Durchführung – Auswertung – Innovation.
Somit ein Prozess, der mit „Erfolgskontrolle“ und „Auswertung“ abzuschließen
war und in eine Phase der Innovation überleitet. Also zu der Frage: „Was haben wir dabei gelernt? Und was
könnten wir noch besser machen?“ Vornehm nennt man das eine
Feedback-Schleife. Nach dem Einbau der ersten zwanzig Fenster stieg die
Lernkurve steil nach oben. Und so erging es jeden Tag mit jedem Tages-Gewerk.
Um 17 Uhr trafen sich regelmäßig alle „Gewerker“ beim Bauleiter zum
Tages-Rapport. Dieses Verfahren heißt K.O.P.F. = Kybernetik, Organisation,
Planung, Führung. Der konsequenten Umsetzung der Management-Systematik und kybernetischen Selbstorganisation sind bei
zahlreichen weiteren K.O.P.F-Baustellen und hunderten sehr komplexen anderen Produktionsprozessen
bedeutsame Zeitgewinne und Kostensenkungen zu verdanken. Scrum folgt wohl diesem
altbewährten Prinzip, dessen Logik bereits Thomas von Aquin rühmte.
Aber Logik bestimmt nur in den wenigsten Fällen menschliches
Handeln, höchstens „die Logik des Misslingens“, von Dietrich Dörner im Rowohlt Science-TB
trefflich beschrieben. Sie beginnt schon damit, dass man sich um klare
Ziel-Definitionen herum drückt, weil man dann auch nicht belangt werden kann,
wenn die Ziele nicht erreicht worden sind. „Ohne
Ziele keine Treffer“ heißt mein erfolgreichstes Management-Fachbuch (3. Auflage
bei Kastner, Wolnzach, 14,90 € ISBN13: 978-3-937082-58-5). Da steht alles
drin über die Logik des Gelingens.
Fassungslos muss der WORTWERFER ständig erleben, dass
Führungskräfte nur im Ausnahmefall in der Lage sind, zu definieren, was Management
bedeutet, geschweige denn sich nach dieser Systematik konsequent zu richten.
Und stattdessen jeder neuen Sau hinterher zu hecheln, die von teuren Beratern
ausgesetzt wird. Dann wird auch aus Scrum das, was heraus kommt, wenn man das
Wort von hinten ließt: Murcs. Und ein Flughafen in der vierfachen Zeit und
einer Bausumme, die keine Ähnlichkeit mit der geplanten hat. Und leider viele,
viele große und kleine vermurkste Projekte.
Übrigens: Auch
mancher Urlaub scheitert, weil man
sich der eigentlichen Ziele nicht bewusst ist. Mallorca, Teneriffa oder die
Malediven sind keine Urlaubsziele. Es sind Mittel, mit deren Hilfe man seine
eigentlichen Urlaubsziele erreichen wollte. Vielleicht die falschen? fragt der
WORTWERFER. Schönen Urlaub!