Donnerstag, 15. August 2013

Bestseller – für die „flinke Hand“?




Es geschehen noch Wunder! Der letzte Blog vom WORTWERFER hatte zumindest 1 Leser, der sich auf die Thematik eingelassen und direkt reagiert hat. Es geht um die Frage, ob dann, wenn die Mixture von Sex, Ekel, Grusel und so weiter angerichtet ist – und dies möglichst von einer Frau, weil es dann authentischer rüber kommt, ob es nicht auch einer guten Story bedarf.
Der WORTWERFER hat bei den wenigen Porno-Büchern, die ihm unter kamen, feststellen müssen, dass es ihnen genau daran mangelte. Kurzum: der rote Faden war meist dünn und vor allem kurz. Denn möglichst schnell trieben es die Protagonisten wieder im Bett oder sonst wo. Es ist ja nicht leicht, in einem Blog die gebräuchlichen Vokabeln zu gebrauchen; es könnte sein, dass er der Zensur zum Opfer fällt. Ein Roman, in dem es um wirkliche Liebe geht, um das zarte Erwachen, um die Verwirrung, um Zweifel, um angstvolle Nähe und Erfüllung geht, erfüllt den Zweck der „Bücher für die flinke Hand“ offenbar nicht.
Will man also „Five Shades of Grey“ nacheifern, den „Feuchtgebieten“ oder anderen Vaginal-Geständnissen, um endlich einen Bestseller unter die Leute zu bringen, der sogar verfilmt wird, dann muss man offenbar nicht sehr tief in menschliche Schicksale eintauchen.

Die anderen Leser, die hohe Ansprüche an ihre Lektüre stellen, die zum Beispiel meinen Schicksalsroman „Das herbstrote Blatt“ gelesen haben, äußerten schon mal die Kritik: „Musste das denn sein mit dieser Sex-Szene?“ Meine Antwort: „Ja, die Geschichte wäre unglaubwürdig, wäre es nicht zu diesem intimen Erleben gekommen. Und nur auf Schmetterlinge und Bienchen zu verweisen oder die Engel ein Konzert anstimmen zu lassen, hätte es nichtgebracht. Außerdem ist Tandaradei nicht mein Ding.“ Ich könnte jetzt die entsprechenden Seitenzahlen angeben, aber genau das schnelle Hinblättern würde alles zerstören. Katharina musste einen weiten, angsterfüllten Lebensweg zurücklegen, jahrzehntelange Lieblosigkeit und Unterdrückung. Ich kannte ja ihr Schicksal. Nach ihrem Tod habe ich den Roman begonnen.

Der WORTWERFER zieht sich jetzt erst einmal in die Berge zurück.

Montag, 12. August 2013

Bestseller – schreiben für den Leser?





In Facebook streiten Autoren letztlich darum, wie man einen Bestseller verfasst. Man solle schreiben, was der Leser will, sagen die einen. Und was braucht der Leser offensichtlich? Sex! Grusel! Ekel! Gewalt! Als Vorbild gilt „Five Shades of Grey“, der langweilige Schmuddelschmöker, der es an die Spitze der Bestseller gebracht hat. SOG heißt das Werk abgekürzt in den hitzigen Diskussionen. Man scheint sich einig darüber zu sein, dass der Inhalt zu wünschen übrig lässt. Doch die Schwarte wurde millionenfach gekauft. Natürlich nur, weil man ja sonst nicht mitreden könnte …
5SOG gehört zu den Büchern für die flinke Hand. Ebenso wie Charlotte Roches „Feuchtgebiete“, die nunmehr als „ekligster Film“ (Zitat) in die Kinos kommen. Die stark anwachsende Single-Gesellschaft braucht wohl verstärkt Begleitlektüre auf den einsamen Wegen zum Höhepunkt. Allerdings haben es Porno-Bücher über die Jahrhunderte schon zu hohen Auflagen gebracht. Also – sind doch die Zutaten seit langem bekannt.
Muss man nur noch schreiben lernen. Dazu verhelfen „Wortfeldübungen“. Okay, das ist allemal nützlich, will man nicht ständig ein Wörterbuch der Synonyme wälzen. Ich kann mir Schreibkurse als äußerst amüsant vorstellen, in denen die Wortfelder für die einschlägigen Bezeichnungen sexueller Betätigungen und Körperteile gemeinsam erarbeitet werden. Ein Tipp: Im Anhang zur „Josefine Mutzenbacher“ gibt es ein Glossarium, nicht nur für die Wiener Fachausdrücke.

Nun aber zur Frage: Soll man schreiben, was der Leser will? Wenn man mit dem Schreiben Geld verdienen will, dürfte das ein gangbarer Weg sein, allerdings keinesfalls einer mit Erfolgsgarantie, zumal dort ziemliches Gedränge herrscht. Und Erotik ist kein leichtes, vielleicht das schwierigste Fach! Wortfeldübungen und alle 10 Seiten ein Orgasmus reichen sicher nicht aus.
Schreiben, was der Leser will? War das die Maxime unserer Dichter und Schriftsteller? Im „Vorspiel auf dem Theater“ zu Goethes „Faust“ klagt der Dichter:
„O sprich mir nicht von jener bunten Menge,
Bei deren Anblick uns der Geist entflieht!
….
Nein, führe mich zur stillen Himmelsenge,
Wo nur dem Dichter reine Freude blüht …
….
Oft wenn es erst durch Jahre durchgedrungen,
Erscheint es in vollendeter Gestalt.
Was glänzt, ist für den Augenblick geboren,
Das Echte bleibt der Nachwelt unverloren.“
Es lohnt sich allemal, diesen Disput zwischen Theater-Direktor, Dichter und Lustiger Person laut zu lesen. Es ist ein Glanzpunkt deutscher Dichtung.
„Ach du liebes Lottchen, Goethe! Faust! Der WORTWERFER spinnt wohl! Sowas von gestern, kann man ja gar nicht mehr sein!“ Vielleicht. Vielleicht ist es der Unterschied zwischen Literatur und Trivial-Lektüre, der sich hier herausschält.
Als der WORTWERFER vor Jahren zum ersten Mal belletristische Werke verfasste, hatte er es nie darauf abgesehen, sie zu veröffentlichen. Es waren Geschichten, die im Inneren brodelten. Sie mussten raus. Es war faszinierend, sie zu schreiben, zu überarbeiten, sie wochenlang liegen zu lassen, sie erneut zu durchleben. Jetzt gibt es die Möglichkeit, sie als eBooks zu veröffentlichen, ohne erniedrigende Standardabsagen kassieren zu müssen. Geld damit verdienen?
„Ich hatte nichts und doch genug:
Den Drang nach Wahrheit und die Lust am Trug!
Gib ungebändigt jene Triebe,
Das tiefe, schmerzenvolle Glück,
Des Hasses Kraft, die Macht der Liebe,
Gib meine Jugend mir zurück!“
Danke Goethe! Ich kann es nicht besser sagen. So entstand „Das herbstrote Blatt“ (bei Shaker). Weiß der WORTWERFER.

Dienstag, 6. August 2013

Spannendes spannend schreiben





„Geist kommt immer vor Materie!“ war des WORTWERFERs Maxime, seit er einigermaßen vernünftig denken kann. Wie ist das beim Schreiben? In Gesprächen mit Roman- und Krimi-Autoren treffe ich auf die Typen „Planer“ und „Missionare“.
Der Planer scheint erst alles festzulegen, zu skizzieren. Er oder sie weiß, in welchem Kapitel was mit wem wo passiert. Der Fall-in-Love, der Grusel, die Irrungen und Verwirrungen, die Katastrophe und die Katharsis sind eingeplant. Er oder sie kennt auch den Schluss schon, den Knaller oder das Happy End. Der Rest ist Fleiß, Talent und Ausdauer.
Die Missionare wollen die Welt verbessern und eine Botschaft verkünden. Auf der einen Seite sind die Guten – oft adlig; auf der anderen die Bösen – erkennbar oft schon an ihren Namen. Häufig sind es Grundstücks-Makler, Investoren luxuriöser Sanatorien, Unternehmensberater, Vertreter der Gier, Zerstörer der Idylle, die Energie-Lobby, Massentierhalter. Sodann gibt es noch uns Ahnungslose, die also, die aufgerüttelt, umgepolt und gerettet werden sollen. Besonders gruselig wird es, wenn Kinder geraubt und zwecks Verkauf ihrer Organe an superreiche Kranke getötet werden. Erst in allerallerletzter Sekunde naht die Rettung.

Das Ungewisse wagen?
Als ich zum ersten Mal mit Ingrid Schumacher bei einem Drink die Kater-Idee äußerte, wir könnten doch mal gemeinsam einen Krimi verfassen, eine Art Staffetten-Geschichte, Sie mit ihrem Kommissar Maurice Elsterhorst, ich mit meinem Lothar Velmond, da stand nur der frei erfundene Fall fest: „Spurlos verschwinden in München und Umgebung vier wohlhabende alte Damen.“ Wir hatten keine Ahnung vom WER, WIE, WANN, WO, WARUM und OB überhaupt. Geknobelt wurde, wer das erste Kapitel verfasst. Es fiel mir zu. Ab dann begann unsere Schreibe-Reise ins Ungewisse, wobei wir uns wechselseitig auch immer wieder kleine Schikanen bescherten.
Es war unheimlich spannend, besonders dann, wenn wir nicht weiter wussten und mit Geduld auf die Eingebung warteten, möge sie vom Himmel fallen und uns die Na klar!-Idee liefern. So entstand nicht nur unser erster Krimi mit dem „Spurlos-Titel“ (s.o.). Wir fanden unsere Vorgehensweise auch so prickelnd, dass wir sie bei den fünf weiteren großen und den 45 kurzen Krimis beibehalten haben. Die Redaktionssitzungen verliefen durchweg vergnügt und gelegentlich sehr makaber. Die Buch-Krimis werden leider erst jetzt peu-à-peu als eBooks veröffentlicht. Ingrid Schumacher hat nur noch „Endlich im Knast!“ (bei neobooks) erleben dürfen und den größten Teil der veröffentlichten Kurzkrimis.
Natürlich mussten wir bei unseren gesellschaftskritischen Sachbüchern zu großer Nüchternheit zurückkehren. „SUPERMACHT FRAU“ und „SUPERMACHT KIDS“ bedeuteten Arbeit, Recherchen, Analyen - die Krimis hingegen reines Vergnügen. Nun ist beides vorbei. Vermutlich wird das Kommissariat bald aufgelöst. Elsterhorst geht mit seinem schwarzen Labrador auf dem Südfriedhof spazieren, in der Hoffnung, dass ihm nicht wieder ein Leichenteil apportiert wird. Velmond zieht nach Südtirol, wo seine Lieblingsweine gekeltert werden. Aber es war schon mal in einer Flasche statt des Weines eine gruselige Botschaft verkorkt. Der WORTWERFER ist auf alles gefasst.

Sonntag, 4. August 2013

Große Ferien – schrecklich!




Alle fahren in den wohlverdienten Urlaub! Die Kinder jauchzen: Endlich große Ferien!
A l l e ? Selten zeigt sich so klar der Unterschied zwischen Festangestellten und Beamten auf der einen Seite und Selbstständigen und Freiberuflern auf der anderen. Bei den einen füllt sich das Konto ganz selbstverständlich auch beim Nichtstun, die anderen fürchten sich vor dem Sommerloch.
Sechs Wochen lang sind viele nicht erreichbar. Sechs Wochen lang geht bei vielen Firmen kaum etwas voran. Betriebsurlaub! Die Sachbearbeiter, die man dringend kontaktieren müsste, liegen irgendwo am Strand, klettern in den Bergen oder machen Abenteuer-Urlaub. Wehe dem, der ein Werk termingerecht abzugeben hat und auf Zulieferer angewiesen ist. 
Der einzige Friseur oder die Friseurin, der man sich bedenkenlos und entspannt anvertrauen kann, ist entfleucht. Man steht Ängste aus, wenn man sich anderen Haarkünstlerinnen anvertrauen muss. Kann man sich anschließend noch auf die Straße trauen? Muss man ein neues Passbild anfertigen lassen?
Autoren und Autorinnen, die dem Erscheinen ihres Werkes voller Ungeduld entgegen sehen, müssen jedenfalls in Bayern bis Ende September warten; denn nach Ferien-Ende muss erst einmal der Stau auf den Schreibtischen bewältigt werden. Und alle aufgelaufenen E-Mails werden gelöscht.

Lesungen? Nur wenigen ist es vergönnt, ihren Lesern in die Toscana, an die Côte d’Azur oder Costa Brava zu folgen, in der Hoffnung, dass dort abends die Langeweile ausbricht und einige froh sind, irgendjemandem in der Landessprache zuzuhören.
„Sei doch froh, du kannst ungestört durch Telefonate arbeiten. Niemand stört dich. Die bekommst sogar vor deiner Stammkneipe einen Parkplatz!“ höre ich Artgenossen tönen. Auf Facebook bekommt man Ferienfotos gepostet, die Sehnsucht nach den guten, alten Ansichtskarten wachsen lassen.
Warum war man auch so blöd, Freiberufler zu werden? Frei ist man dabei schon gar nicht. Vor allem hat man niemals frei. Niemals! „Der Schatten, der Schatten!“ Gemeint ist der Schatten, den 14 Tage Nichtstun eines Freiberuflers wirft, sollte er sich auch unter fremder Sonne auf einen Liegestuhl flätzen. Kein Marketing! Keine Kontakte! Keine Verkäufe – kein Einkommen!
Große Freude: Es erscheint in einem nennenswerten Blatt endlich die lang ersehnte Buchbesprechung! Das Buch muss einer Ferien-Aushilfe in die Hände gefallen sein, die einem anderen Aussortierverfahren huldigt. Aber wer liest die Rezension schon? Die „wohlverdienten Urlauber“ haben ihr Abo suspendiert. In der nachgeschickten Auslandsausgabe ist sie gar nicht enthalten.
In den Verlagen gleitet die Urlaubszeit nahtlos in die Vor-Buchmesse-Zeit über. Auch da ist niemand ansprechbar und danach tobt das Weihnachtsgeschäft.
Auch der WORTWERFER wirft wahrscheinlich seine Worte ins Leere, weshalb er jetzt aufhört zu granteln.