N i c h t s ! ist
die Antwort fast aller Neurologen. Außer gute Gene, sagen andere. Das letzte
Woche im „Süddeutsche Zeitung Magazin“ veröffentlichte Interview mit Ursula von
der Leyen und Maria Furtwängler, die
beide ihre Väter durch schmerzliche Jahre des langsamen Abschieds begleitet haben, beweist: Es ist ein Verfall des Gehirns, der alle
treffen kann. Auch jene, die sich jegliche ärztliche Hilfe leisten können. Vielleicht
kann man den Verlauf durch Medikamente sowie durch liebevolle Betreuung und
einfühlsame Aktivierung des Langzeitgedächtnisses verlangsamen. Man kann den
Betroffenen – auch das wurde im Interview erwähnt – immer noch Stunden der
Freude, des Wiederauftauchens schöner Erinnerungen schenken, meist gefolgt vom
Schmerz, dass sie nicht von Dauer sind.
Ca. 20.000 am Demenz Erkrankte werden in München von ihren
Angehörigen betreut. Nur rund 800 vollstationäre Betreuungsplätze stehen in
Heimen zur Verfügung. Es gibt Möglichkeiten der Tagespflege. Wer sich – wie die
beiden prominenten und wohlhabenden Damen – Betreuer oder Betreuerinnen leisten
kann, muss tief in die Tasche greifen. Selbst sie haben Helferinnen aus Polen engagiert,
weil sie sich mit geringeren Löhnen zufrieden geben wie auch oft gut
ausgebildete Betreuerinnen aus anderen osteuropäischen Ländern.
Wir werden in Deutschland mit einer wachsenden Zahl an
Demenz erkrankender Personen rechnen müssen. Gerechnet wird mit einer
jährlichen Steigerungsrate von 10 bis 12
Prozent. Das liegt einfach am höheren Lebensalter, das ein wachsender Teil
der Bevölkerung erreicht.
Kann man nicht der
eigenen Demenz entkommen?
Kann man wirklich nichts unternehmen, um der eigenen Demenz
zu entkommen? Hilft Kreuzworträtselraten? Sudoku? Schachspielen? Fremdsprachen
lernen? Ein Senioren-Studium? Leider
nein! Aber auch, wenn sich die Krankheit manifestiert hat, können alle
diese Maßnahmen dem Betroffenen noch helfen, die Achtung vor sich selbst zu bewahren. Es ist den meisten sehr
wichtig, sich selbst noch etwas beweisen zu können. Ärzte können dennoch hinter
die Fassade schauen. Denn sich selbst und damit auch anderen vorzumachen, dass
man noch fast alles kann, birgt Gefahren. Manche fahren sogar noch Auto,
unternehmen Ausflüge, gehen in die Berge.
Wenn einem dann vom Amt ein Betreuungsvertrag vorgelegt wird, empfinden es viele, als würde nun
ein geistiges Todesurteil über sie verhängt. Gerade die Älteren kennen die
früheren Vokabeln noch: Entmündigung,
Vormundschaft! Ab jetzt musst du um alles und jedes fragen wie ein kleines
Kind. Dein Geld ist nicht mehr dein Geld. Männer fühlen sich erst recht
entmannt, wenn sie ihren Führerschein abgeben müssen und das Steuer gegen einen
Rollator eintauschen müssen.
Deshalb ist jede Freude, die wir Dementen bereiten können, ohne sie wie Kinder anzureden, ein
kostbares Geschenk. Vorlesen, Fotoalben anzuschauen, Bildbände aus früheren
Zeiten – damit stimuliert man das Langzeitgedächtnis. Jede Zeit, die man ihnen
widmet, gibt ihnen etwas von dem Menschen zurück, der sie einst waren. Wann erwischt es uns? fragt der
Wortwerfer
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