Der Chef hat immer
recht. Auch wenn er nicht recht hat. Als der WORTWERFER noch Chefredakteur
der Management-Zeitschrift PLUS war, druckten wir die Glosse eines
Direktions-Assistenten eines großen deutschen Unternehmens ab: „Der Rasen ist rot!“ Er verstieg sich
zu den Überzeugung, dass dann, wenn der Chef beim Blick aus dem Fenster sagen
würde, der „Rasen ist rot!“ auch die Mehrzahl der Untergebenen dem nicht
widersprechen würde. Der Direktions-Assistent büßte diese Glosse mit dem
Verlust seiner Stelle. Hat sich viel geändert?
Eine Chefsekretärin geriet vor Jahren in einen heiklen
Konflikt: Sie tippte die Briefe ihres Chefs nach Vorgaben der Rechtschreibreform. Der Chef weigerte sich, diesen neumodischen Quatsch zu
unterschreiben. Die Dame musste die Briefe neu „auf alt“ schreiben. So gingen
sie dann an die Adressaten. Als dieses Problem in einem Seminar diskutiert
wurde, mehrten sich die Beiträge über ähnliche Erfahrungen. Schließlich wurde sogar der Fall
diskutiert, dass sich die Sekretärin
gezwungen sah, strafbare Handlungen ihres Chefs zu decken oder ihren Job zu
quittieren. Andere sahen es schon als normal an, Reiseabrechnungen zu
verschönern, Geschenke für sein Gspusi als Fachbücher abzurechnen. Da kam
allerhand zusammen, was dann in die Frage mündete:
Wie sollte man sich in diesen heiklen Situationen
verhalten?
Diese und insgesamt 30 andere heikle Führungssituationen
habe ich in meinem Buch „Heikle
Führungssituationen – und wie man sie meistert“ (expert-verlag,
Renningen 2011) zur Diskussion gestellt, jeweils drei Lösungs-Varianten
angeboten und dann diejenige beschrieben, die realisiert wurde – mit mehr oder
minder großem Erfolg. Im ersten Teil des Buches gibt es eine allgemeine Einführung in das Konflikt-Management.
Wenn ich mich umhöre, wie es in manchen Unternehmen im
Zeitalter der Gier und des Shareholder-Value-Diktats zugeht, könnte ich leicht
einen zweiten und dritten Band verfassen. Es wundert mich nicht, dass die
alljährliche Gallup-Studie über die Leistungsbereitschaft deutscher
Arbeitnehmer wiederholt zutage fördert, zwei Drittel der Belegschaften machten
„Dienst nach Vorschrift“, ungern mehr, und 14 Prozent verhielten sich sogar
destruktiv. Weniger als 20 Prozent
setzen sich engagiert und hoch motiviert für „ihr“ Unternehmen ein. Wie
kommt dennoch der weltweit bewunderte Erfolg unserer Wirtschaft zustande? Durch
Druck und Führungshärte, wie oben skizziert, und diejenigen, die sich über die
Maßen einsetzen und schuften. Und um wie vieles qualifizierter könnte er ausfallen,
würden wir das Engagement und die Kreativität von 40 Prozent der Mitarbeiter
entfesseln?
Vor einigen Jahren schon habe ich eine Zettelsammlung für
ein Buch angelegt „Von der Führungskraft
zur Führungspersönlichkeit – ein 12-Stufen-Leitfaden“. Einige Kapitel sind
sogar schon geschrieben. Jetzt hat ein Verlag danach gefragt. Kann es jemand in
der oben beschriebenen überhaupt wagen, diese 12 Stufen zu erklimmen, ohne frühzeitig
gestürzt zu werden? Der FOCUS greift als Titelbeitrag eine ähnliche Thematik
auf. Soll ich? Noch ein Buch? Finanziell lohnen sich Fach- und Sachbücher
überhaupt nicht. Der WORTWERFER zögert.
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