Welche Zeitung oder Zeitschrift auch immer der WORTWERFER
seit einigen Monaten aufschlägt, stets überfallen ihn großflächige, prächtige Inserate,
die für teuerste Uhren und Handtaschen
werben. Gut – die Handtasche ist der Rolls Royce, Bugatti, Ferrari am Arm der
Dame. Man muss ja zeigen, dass man es satt auf der Kasse hat. Guck mal, was ich
mir leisten kann! Natürlich funktioniert das nur, wenn andere Kenner-Frauen zum
Gucken daher kommen, die vor Neid erblassen und das einstige Preisschild des
Luxusbeutels vor sich irrlichtern lassen: „Dafür
hätte man sogar eine richtige Handtasche kaufen können! Und, und, und!“
Männer verstehen davon zu wenig. Banker,
Vorstandsmitglieder, Immobilien-Makler müssen ohnehin dafür sorgen, dass ihre
Gemahlinnen möglichst wenig mit dem normalen Fußvolk in Berührung kommen. Sie
werden chauffiert, möglichst bis vor die Tür des Etablissements, wo sie sich huldigen lassen. Es sei denn, man
lässt kommen und die edelsten Stücke im eigenen Salon ausbreiten. „Ach wissen Sie, es
fällt mir echt schwer, jetzt eine Auswahl zu treffen. Lassen Sie einfach alles
hier und schicken Sie die Rechnung an ……“. Man
kann ja ohnehin nicht jeden Tag mit der selben Handtasche …, das geht ja nun
wirklich nicht.
Und die Chronometer, die Uhren zu nennen, man sich ja schon
schämen müsste? Wahnsinn – wie genau die ticken. Handmade. Natürlich aus der
Schweiz. In tausend Jahren nur eine halbe Sekunde vor oder nach – also bis 3013
n.Chr.. Das wäre der Ferrari am
Handgelenk! Natürlich nicht für den Alltagsgebrauch, sondern für das Safe,
für die Sammlung und seltenes Repräsentieren. Opernbesuche, Bayreuth,
Staatsempfänge, Charity-Bälle in Fünf-Sterne-Hotels, also durchweg
Gelegenheiten, bei den man kaum zur Uhr gucken muss, um zu wissen, wie spät es
ist. Allenfalls – was die Stunde geschlagen hat, wenn es in Vorstands- und
Aufsichtsrat-Sitzungen zur Sache geht.
Demonstrativer Konsum = Kaufen, was man nicht braucht!
Demonstrativen Konsum
nennt das der Finanz-Psychologe. Man muss sich abheben, und das wird umso
teurer, je mehr sich auch der „gemeine fußläufige Mensch“ leisten kann und
einem noch dazu die Neureichs auf den Fersen sind. Also auch die Fußballer,
Filmsternchen und Lottogewinner. Äh!
Unsereiner schaut zur Uhr, weil man die S-Bahn noch
erwischen muss. Oder der Babysitter abzulösen ist. Wie banal! Vielleicht ist
man verabredet. Da reicht die Quarzuhr von Tschibo oder die Digitalanzeige im
Smartphone. Und im Übrigen sind wir ja
nur neidisch. Und wer so denkt, hat kein Mitgefühl mit den glitzernden
Uhrengeschäften beziehungsweise ihren Betreibern und Angestellten. Die wollen
ja auch leben. Das ist ein echtes Problem für die gesamte Neiderzeugungs-Industrie.
Als der WORTWERFER seine erste Armbanduhr geschenkt bekam,
zur Erstkommunion, da war das was! Durfte nur sonntags getragen werden, zum
Kirchgang, aber nicht zum Spielen. Vooorsichtig mit dem Aufziehen! Die Feder
könnte brechen. Lass das mal die Mama machen. Jetzt? Wieviele Uhren haben Sie, lieber Leser? Und wieviel Zeit?
Und wie viele Uhren liegen in den Uhrengeschäften,
Kaufhäusern, Souvenirläden, Bahnhofskiosken, die kaum eine Chance haben,
gekauft zu werden? Überproduktion,
Überangebote, wohin man nur schaut. Können wir uns das leisten? Wieso
eigentlich? Das sind so Gedanken im Advent. Man könnte auch an Syrien denken,
an die Taifunverwüstungen, an Lampedusa, Zentralafrika.
Wissen wir
eigentlich, was die Stunde geschlagen hat? fragt der WORTWERFER.
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